Ein Gedankenmodell: Angenommen Joseph von Nazareth hätte bei der Geburt Jesu Geld auf ein Sparkonto eingezahlt, in Höhe eines Wertes der unserem heutigen € entspricht. Die Bank hätte ihm für 1 € nun eine Verzinsung in Höhe von 5% angeboten. Was aber wäre heute, im Jahr 2024 aus diesem Geld geworden, hätte es niemals jemand von dieser hypothetischen Bank abgehoben?
Schaut man auf den winzigen Betrag von 1 € und die gewöhnliche Laufzeit dessen, was man vor einigen Jahrzehnten noch als Sparkonto kannte, dann dürfte einem der Plan Josephs wirklich kurios erscheinen.
Was aber, Joseph hätte sein Sparkonto zum selben Zinssatz einem Erben hinterlassen, der es seinerseits jemandem vermacht hätte, der wiederum diesen Plan fortgeführt hätte ohne jemals einen Cent abzuheben?
Was wäre aus dem 1 € nach 10 Jahren, nach mehr als 100 Jahren, was nach 500 Jahren, ja was eigentlich nach mehr als 1000 Jahren geworden?
Welcher Wert hätte sich da auf diesem sagenhaften Bankkonto angehäuft, wäre es sogar bestehen geblieben bis zum heutigen Tag im Jahre 2024?
Richard Price
Solche Fragen dürften alle samt ziemlich eigenartig erscheinen. Doch der britische Philosoph und Geistliche Richard Price (1723-1791) stellte sie schon vor etwa 250 Jahren in seiner Schrift »Ein Aufruf an die Öffentlichkeit zum Thema Staatsverschuldung«.
Price wollte damit veranschaulichen, wie widersprüchlich und unvereinbar Zinseszinsen auf verliehenes Geld eigentlich sind. Bevor wir etwas später genauer darauf eingehen warum das auch wirklich so ist, soll zuerst einmal die eigentliche Voraussetzung für Zinserhebung geklärt werden: Und das ist die Existenz des Geldes an sich.
Entstehung des Geldes und des abstrakten Denkens
Auch wenn wir alle tagtäglich mit Geld zu tun haben bedeutet das nicht, dass wir die damit einhergehenden Zusammenhänge völlig selbstverständlich nachvollziehen können, die in der Bedeutung des Wortes »Geld« zusammenlaufen.
Fest steht, dass Geld heute das materielle Befinden bestimmt, was natürlich auf unsere Gefühle und unsere Gedanken, auf unsere Hoffnungen und auf unsere Ängste wirkt – sei es im gesellschaftlichen, beruflichen wie auch im privaten Leben.
Da wir Geld alle völlig selbstverständlich verwenden, wird seine Bedeutung, seine Herkunft und sein wirklicher Einfluss auf das Leben der Menschen gar nicht mehr hinterfragt. Denn wie ginge jemand damit um, hätte er einmal wirklich genug davon?
Aber kann man überhaupt genug Geld haben und wie viel davon entspräche dann einer materiellen Zufriedenheit?
Das diese Frage kaum zu beantworten ist, liegt wohl an der Tatsache, dass Geld ein Tabuthema ist:
Über Geld spricht man nicht.
Vielleicht, da sein eigentliches Wesen gar nicht so leicht zu beschreiben ist. Denn mit der Erfindung des Geldes begannen die Menschen ihr Denken zu abstrahieren. Nicht mehr wurden so-und-so-viele Gegenstände oder Waren gegen andere getauscht, nicht mehr vermochte man zu erwägen, wie viel das, was man zu bieten hat, eigentlich wirklich wert ist. Man begann stattdessen den Wert einer Sache oder eines Dienstes, als Stundensätze, Preise, Löhne, Gehälter und Gebühren zu messen.
Wenn man im alten Tauschgeschäft Naturgüter handelte, unterlag diese Tätigkeit den Naturgesetzen. Seit Einführung des Geldes hat sich das jedoch verändert. Geld wächst eben nicht auf dem Acker und auch nicht an Bäumen.
Einst jedoch nahmen wir Menschen unmittelbar das, was uns die Natur gab. Heute scheint sich der Zwischenschritt der Gabe und Annahme von Geld durchweg dazwischen geschoben zu haben. Und das begann, als die Menschen sesshaft wurden, vor vielleicht 13.000 Jahren. Seit dieser Zeit gewann auch Eigentum an Bedeutung zu gewinnen. Wem ein Feld oder ein Apfelhain gehörte, wollte ihn alleine beernten und verwehrte anderen den Zugang. Dabei sollte man sich auch vor Augen führen, dass mit der Festlegung von Landbesitz auch die Grundlage für Kriege geschaffen wurde.
Was aber berechtigte den Menschen dazu Besitzanspruch auf Teile unseres Planeten zu hegen? Was eigentlich ermächtigt jemanden Land zu besitzen, wo eben einer einfach auf etwas »sitzt« und es darum sein eigen, seinen »Besitz« nennt?
Als die Menschen noch ausschließlich als Nomaden über die Erde wanderten, gab es vielleicht auch schon heilige Orte. Man besaß diese Orte jedoch nicht, sondern traf sich dort ein, um gemeinsam besondere Rituale zu feiern. Danach aber zog man weiter.
Gut haben.
In alter Zeit lebten die Menschen in kleinen Gruppen, arbeiteten zusammen, handelten gemeinsam. Jeder trug zum Ganzen auf ähnliche Weise zur Gemeinschaft bei. Wer etwas vom anderen haben wollte, musste dafür etwas geben oder etwas für den Geber tun. Das war die Grundlage allen Tauschs und das Entstehen der dazu verwendeten Mittel.
Wohin sich jedoch die heutige Weltgesellschaft entwickelt, das ist keinem klar. Viele haben einfach vergessen was zu tun ist, um ein autarkes Leben in einer kleinen Gemeinschaft zu führen. Wofür auch?
Heute kümmert sich da der eine um die Lebensmittel, ein anderer erbringt Dienstleistungen oder bietet seine Hilfe an als Handwerker, als Arzt, als Gärtner, Landwirt und so weiter. Wenn Menschen einst gemeinsam handelten, geht es heute um ein Handeln des Einzelnen, insbesondere beim Handel mit Waren. Als die Menschen noch in kleinen Gruppen zusammenlebten, war jedem klar worauf es ankam. Er hatte es von Kindesbeinen an erlernt. Viele Versuche sich wieder in diese alten Formen des Zusammenlebens zurückzubegeben, scheiterten oft kläglich und es gelang nur sehr wenigen, wenn überhaupt, hieraus in einer Art Parallelmodell zum Großgesellschaftlichen Zusammenleben zu finden. Darin aber spielen Waren und der Handel damit, eine ganz zentrale Rolle.
Nun stellt sich die Frage, welche Eigenschaften solche Waren erfüllen müssen, um sich als Tauschmittel zu eignen? Wären nämlich grüne Blätter in unseren Breiten ein Tauschmittel, könnte jeder immer wieder eins pflücken, um damit bei einem Handel einen Gegenwert zu geben.
In der Polarregion oder aber in einer Wüste sähe das ganz anders aus. Dort gibt es eben nur sehr wenig Grün. Noch deutlicher ist das beim Wasser: Es ist wohl nur dann ein wirkliches Tauschmittel, wenn es auch getrunken werden kann, also zum Beispiel aus einer Quelle oder einem Brunnen. Auch die Knappheit von Wasser in trockenen Gebieten unserer Erde, machen aus ihm ein kostbares Gut, verleihen ihm einen Wert.
Wer nun dafür sorgt, dass Trinkwasser verfügbar ist, der wendet Arbeit auf, stellt die physischen Mittel zur Verfügung (zum Beispiel Wasserleitungen und Behältnisse) und reserviert einen Teil seiner Lebenszeit für diese Tätigkeit. Wer von so jemandem dann Wasser haben möchte (ein anderes Produkt oder eine Dienstleistung, dass er zur Verfügung stellt), erwartet von seinem Abnehmer dafür eine Gegenleistung.
Menge – Münze – Mahnung
Ware und Gegenwert sind nicht nur der Sache wegen verbunden, sondern auch durch ihre Qualität. Je nach dem wo ein Bauer sein Getreide lagert, ist es von besserer oder geringerer Güte. Auch die Teilbarkeit der Ware spielt eine besondere Rolle. Weizen oder Wasser kann ich leicht in kleinere oder größere Mengen teilen. Auch wenn ein Baum erst einmal gefällt wurde, lässt er sich in handliche Stücke zersägen. Anders sieht das aus mit einem Fisch, der erst tot gehandelt werden kann und das auch nur für eine bestimmte Zeit.
Um solche Mengen zu kennzeichnen, entwickelten Menschen zuerst Symbole, die dann irgendwann zu den Zahlen wurden, die wir heute alle kennen. Daraus folgte, dass Menschen symbolische Gegenstände verwendeten, um diesen durch Zahlen definierten Teilwerten einen Tauschwert zuzuordnen. Das waren meist seltene, hochgeschätzte Objekte, die vielleicht keinen Nutzwert besaßen, doch wegen ihrer Schönheit begehrt waren: Edelsteine, Edelmetalle und andere. Sie waren die Urform des Geldes, dass man einem Händler, wenn er diese als Tauschmittel anerkannte, als Gegenwert bei einem Kauf geben konnte. Besonders die Edelmetalle wurden dabei immer wichtiger und so kam es zu ersten Münzprägungen. Interessant dabei ist, wenn man sich den Ursprung des Wortes »Münze« anschaut, dass von der römischen Moneta stammt: Der Göttin der Mahnung, der Erinnerung an eine Verpflichtung! Der Wert der Münzen war und ist bis heute gegeben, da sie eben nur begrenzt, ja sogar selten vorkommen, doch sehr begehrt sind und ihre Schaffung einen gewissen Aufwand voraussetzt.
Durch diese Abstraktion von Tauschwerten ging es nun nicht mehr nur darum Waren aufzubewahren, sondern auch um die verwendeten Tauschmittel, insbesondere Münzen. So entstand die Bankenzunft. Kam einer um seine Münzen aufbewahren zu lassen, erhielt er dafür eine Quittung: die Banknote, als Dokument, für den Anspruch auf einer Bank hinterlegten Wertmenge. So kam es, dass irgendwann einfach nur noch Banknoten genügten, um Tausch auszuführen, das heißt, um Waren zu kaufen. Das sollte den Städtern ersparen säckeweise Münzen transportieren zu müssen.
Der Thesauros: Das Schatzhaus der Athener im Tempelbezirk von Delphi (Griechenland). Dieses antike Gebäude erfüllte den Zweck einer Depotbank, in der man die kostbarsten Votivgaben der Fürsten der alten griechischen Welt aufbewahrte.
Wichtigste Voraussetzung für jeden Handel aber ist, dass Waren knapp bemessen sind. Gibt es zuviel davon und finden sich keine Abnehmer, sind sie wertlos. Angenommen ein Bauer verkauft nun dem einen Sack Getreide, der der Gemeinschaft selbst einen Mehrwert geschaffen hat und das auch belegen kann, so etwa durch den Besitz eines entsprechenden Dokuments (zum Beispiel als Banknote), dann hat so jemand mit seiner Arbeit oder seinem produzierten Gut, selbst einen Anspruch auf eine Gegenleistung erwirtschaftet. Sie kann er gegenüber der Gemeinschaft geltend machen. Und ist dieser Anspruch durch ein Dokument belegbar, dann spricht man von Geld. Auf diese Weise erfüllt es seine wesentliche Funktion.
Nun muss man aber unterscheiden zwischen Beschaffenheit und Menge, zwischen Wert und Zahl, aus denen sich der jeweilige Anspruch gegenüber der Gesellschaft ergibt. Hierbei spielt Geld eigentlich auch noch keine Rolle, da zuerst eine Gleichheit ermittelt wird, zwischen ganz unterschiedlichen Waren oder Dienstleistungen. Wie setzt man dann zum Beispiel den Wert von Äpfeln mit dem von Weizensäcken, den Wert einer Kuh mit dem von Wasserbecken, den Wert einstündiger Arbeit eines Schusters mit dem Wert von soundsoviel Säcken Äpfeln zueinander in Relation?
Vom Ermessen des Werts
Diese Frage eindeutig zu beantworten ist unmöglich, da die Werte von Dingen oder Leistungen, nicht objektiv bemessen werden können. Man denke etwa an den Ort wo bestimmte Güter gehandelt werden: der kulturelle Hintergrund von Gebendem und Abnehmer ist da ganz relevant. Ein einfaches Beispiel: Was nützt einem Schiffbrüchigen eine Tonne Gold? Aber auch in mindernden Verhältnissen wäre es schwer eine zentrale Instanz zu ernennen, die unzähligen Relationen zwischen Wert und Gegenwert einheitlich festlegen wollte. Für einen Durstenden in der Wüste ist ein Diamant wertlos gegen einen Kübel Wasser. Selbst Geld würde da nur zu einer Ware. Was nützten einem Säcke voller Geldscheine, wenn er kurz davor wäre aus Wassermangel zu sterben? Hier hätte der Wert des Geldes inflationär zugenommen, da es da eben seine Bedeutung verlor.
Es liegt an dem Ort beziehungsweise dem Wirkbereich von Geld, wie hoch sein Wert ist. Ist zu viel Geld im Umlauf, spricht man von einer Inflation, wenn ein bestimmter Wert nicht mehr eintauschbar ist. Hier bereits sei schon einmal auf das hingedeutet, was wir ganz zu Anfangs mit dem Thema »Zins« ansprachen. Denn der Zins schließlich vermehrt ja einen Relativwert, der quasi aus dem Nichts entsteht. Dass das aber eigentlich widersprüchlich ist, wollen wir uns gleich genauer ansehen.
Keine Sache hat von sich aus einen Wert, sondern eben nur so viel wie ein anderer bereit ist dafür zu geben. Geld dient dabei als Symbol für ein gegenseitiges Vertrauen, dass die Menschen einer Gesellschaft einander erbringen müssen um zu handeln. Dabei muss immer eine Balance zwischen Geben und Nehmen bestehen – eine Balance die in unserem existierenden System aber auch als Druckmittel eingesetzt wird, das die Mitglieder dieser Gesellschaft zwingt, ihren Beitrag zum Gesamtwohl zu leisten. Das aber ist nur die Sicht aus Warte des Menschen in einer Gemeinschaft, zumal doch die meisten anderen Lebewesen auf unserer Erde ja ganz ohne Geld zurecht kommen.
Stellt sich dann aber nicht die Frage, wie eine Welt ohne Geld aussehen könnte? Was würde sich da ändern, für jeden von uns, wenn jeder immer das täte, was er schon immer getan hat? Ließe sich organisieren, dass sich Geld an sich erübrigt und jemand seine erbrachten Leistungen oder bereitgestellten und verkauften Waren direkt mit dem verrechnet, was er zum Leben braucht? Kann es dann überhaupt noch von einander abgegrenztes Eigentum geben und bedürfte es dann noch Banken, die anderen, zu einem bestimmten Zinssatz, Geld verleihen?
Den Zehnten von allem
Das Wort »Zins« hat seinen Ursprung ziemlich wahrscheinlich im proto-indoeuropäischen »Kems«, was soviel wie »ordnen« bedeutet. Denn seit alter Zeit musste das zuerst mit den zehn Fingern der Hände vollbracht werden – entweder zählend oder handelnd. Auch das Wort »Zehnt«, das selbst wiederum vom proto-indoeuropäischen »Komt« abstammt, entspricht seinem etymologischen Sinn gemäß wahrscheinlich dem Wort »Zins«. Dabei war der Zehnt seit uralter Zeit eine Form der Steuer, die jemandem zustand, der einem anderen einen Wert zur Verfügung stellte. Im Mittelalter war das vielleicht ein Acker oder was ein Kriegsherr auf seinem Raubzug erbeutet hatte.
Schon im biblischen Testament ist die Rede davon, als nämlich Abraham dem sagenhaften Priesterkönig Melchisedek den »Zehnten von allem« gab:
Melchisedek, der König von Salem, brachte Brot und Wein heraus. Er war Priester des Höchsten Gottes. Er segnete Abram und sagte: Gesegnet sei Abram vom Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde, und gepriesen sei der Höchste Gott, der deine Feinde an dich ausgeliefert hat. Darauf gab ihm Abram den Zehnten von allem.
– Genesis 14:18–20
Ist da nun der Zehnt oder Zins vielleicht auch eine spirituelle Angelegenheit?
Goldnuggets aus Kalifornien (oben) und Australien (unten).
Heiliges Metall Gold
Es war wohl immer so, dass jene, die selbst nicht in irgendwelche Formen des Handels involviert werden sollten, durften oder konnten, und sich am »schmutzigen Geschäft«, wie viele meinen, nicht die Finger dreckig machen wollten, damit einen Weg fanden zu ihrem Unterhalt zu kommen: dem Handel mit Gold. Das die Worte »Geld« und »Gold« sich im Klang ihrer Aussprache nach so ähneln, dürfte darum auch kein Zufall sein.
Mit dem Zinssystem nun wurde etwas geschaffen, dass auf einen Widerspruch hinausläuft, denn schließlich kann man aus etwas, das einen bestimmten Wert hat, nicht mehr machen als es wert ist. Genau das aber macht der Zins. Besonders deutlich wird das bei so abstrakten Werten wie unserem lieben Geld, dass seit langer Zeit schon eine bestimmte Deckung mit barem Gold benötigt, damit es die Regierung eines Landes in ihrem nationalen Bankwesen überhaupt in Umlauf bringen darf.
Das Gold seit uralter Zeit als schönstes aller Metalle im Leben der Menschen eine Rolle wichtige spielte, darauf verweist bereits das Buch Genesis, in dem es im zweiten Kapitel heißt:
Und Gott der Herr bildete den Menschen, Staub von dem Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der Mensch wurde eine lebendige Seele. Und Gott der Herr pflanzte im Osten einen Garten in Eden, und er setzte dorthin den Menschen, den er gebildet hatte. […] und den Baum des Lebens in der Mitte des Gartens, und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Und ein Strom ging aus von Eden, den Garten zu bewässern; und von dort aus teilte er sich und wurde zu vier Flüssen. Der Name des ersten ist Pison; dieser ist es, der das ganze Land Hawila umfließt, wo das Gold ist; und das Gold dieses Landes ist gut
– Genesis 2:7-12
Metall der Sonne
Es scheint also, als hätte man alles Kostbare schon sehr lange mit Gold verglichen, wo Gold seinen Wert angezeigt. Besonders König Salomon ließ es aus dem sagenhaften Land Ophir nach Jerusalem bringen. Mit diesem Gold schmückte er auch seinen Tempel. Und in diesem Zusammenhang taucht da in der Bibel immer wieder eine eigenartige Zahl auf:
Und es war das Gewicht des Goldes, das Salomo in einem Jahr gebracht wurde, 666 Zentner […] Und der König machte einen großen elfenbeinernen Thron und überzog ihn mit lauterem Gold. Und der Thron hatte sechs Stufen und einen goldenen Fußschemel am Thron […]. Und zwölf Löwen standen auf den sechs Stufen zu beiden Seiten. […] Und alle Trinkgefäße des Königs Salomo waren aus Gold, und alle Gefäße des Libanon-Waldhauses waren aus lauterem Gold
– 2. Buch der Chroniken 9:13,17-20
Nun muss man wissen, dass das, was man in der Zahlenmystik als »magisches Sonnenquadrat bezeichnet und in sechs mal sechs Feldern die Zahlen eins bis sechsunddreißig auf besondere ordnet, in jeder Reihe als Summe die Zahl 111 ergibt (siehe hier). Das es zwischen der Zahl Sechs und der Sonne einen esoterischen Zusammenhang gibt, das wussten bereits die weisen Chaldäer (abgeleitet von den sogenannten »Planetenstunden«). Wenn das Gold nun aber der Sonne zugeordnet ist, so wie das Silber dem Mond, so scheint es einen tieferer Zusammenhang zu gegeben, wenn in obigem Zitat jene eigenartige Zahl 666 auftaucht, von der ja auch im Buch der Offenbarung des Neuen Testaments die Rede ist.
In diesem Buch ist die Zahl zwar »eines Menschen Zahl«, das Gold aber wiederum ist die metallische Substanz, aus der, dem Mythos nach, das himmlische Jerusalem gebaut wurde.
Unermessliche Mengen Goldes
Der Teufel sitzt im Detail, wie es heißt. Und wenn es um den Zinseszins geht, so könnte man sich mokieren, dass der Leibhaftige darin wahrlich sein Gefallen findet. Denn Zinsen auf Geld zu erheben, setzt einen eigenen Zyklus in Gang, der mit dem eigentlich dahinterstehenden und deckenden Geld- oder Goldwert eigentlich nichts mehr zu tun hat. Werden, wie in unserem Beispiel, 5% Zinsen erhoben, schafft das einen Wert den es eigentlich überhaupt nicht gibt – zumindest nicht in dem Sinne, als dass ihm ein physischer Wert entspräche. Hier setzt die Inflation ein, denn das Geld wird abgewertet durch die Erhebung von Zinsen. Da wird dann alles immer teuerer und die Kaufkraft der Währung verliert an Stärke. Zu unserem Beispiel des Josephspfennig zurückkehrend, wollen wir uns ansehen, was das bedeutet.
Zahlt jemand nämlich Zinsen für eine Geldschuld, so muss er eigentlich aufkommen für den vorübergehenden Verzicht des Gläubigers auf sein Geld. In der Regel werden Zinsen pro Jahr berechnet. Wenn der Schuldner sein Geld aber erst nach einem Zeitraum von über einem Jahr zurückzahlt, kommt da ein Zinseszins ins Spiel: Zinsen die anfallen für die bereits zuvor angefallenen Zinsen. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die ganze Sache absurde Züge an, denn nun verdient da ein Gläubiger Geld, ohne dass er dafür eine Gegenleistung erbringt, was ja in etwa noch durch den Verzicht gewährleistet gewesen wäre, denn er muss vielleicht ja durch Aufwand oder Arbeit entsprechende Werte erzeugen, die ihm durch sein Verleihen vorerst nicht zur Verfügung stehen. So könnte man den Zins auch als etwas betrachten, der dem Schuldner eine gewisse Last aufbürdet, damit er seine Schuld so schnell als möglich begleicht.
Doch die Prinzipien die mit einem Zinseszins wirken – mit Zinsen also, die man auf bereits angefallene Zinsen berechnet – sind eigentlich grotesk. Das soll folgendes Rechenbeispiel beweisen.
Der Josephspfennig
Wir hatten gesagt, dass Joseph von Nazareth auf sein hypothetisches Sparkonto 1 € einzahlte. Wäre er nach 10 Jahren zu seiner Bank gegangen, wären es gerade einmal 1,63 € gewesen, die er seit seiner Einzahlung mit 5% Verzinsung hätte sozusagen geltend machen können.
Nach 80 Jahren – einer Dauer die etwa der heutigen Lebenserwartung entspricht –, wären es dann schon immerhin ca. 50 € gewesen. Das heißt also, dass sich, wie aus dem Nichts, der anfängliche Geldbetrag verfünfzigfacht hätte! Die Bank hätte also zum Beispiel einen Mitarbeiter »unbezahlte Überstunden« machen lassen müssen, oder Ähnliches. Zugegebenermaßen ist das Beispiel recht albern, denn bei 80 Jahren wäre das ja nicht ins Gewicht gefallen.
Doch diese Angelegenheit sieht ganz und gar anders aus, wenn wir das Gedankenspiel mit dem Zinseszins fortführen!
Nach 142 Jahren nämlich wären da bereits mehr als 1.000 € (!) auf dem alten Konto Josephs zusammengekommen. Sein eingezahlter Geldbetrag hätte sich also vertausendfacht. Hier kann man bereits sehen, dass es sich beim Zinseszins um eine exponentielle Vermehrung des Geldbetrags handelt, womit der tatsächliche Wert des Geldes an sich ja aber abnimmt.
Da könnten wir nun die Frage stellen: Wie soll eine exponentielle Mehrung von Geldbeträgen auf einem endlichen Planeten Erde durchführbar bleiben? Denn Geld benötigt ja schließlich einen Deckungswert, da es ja stellvertretend für andere Werte eintauschbar bleiben muss. Doch wie wir gleich sehen werden, ist das schlichtweg unmöglich.
Denn im Jahr 236 n. Chr. wären die Zinsen sogar schon mehr als 100.000 € gewesen, was etwa dem Wert eines ganzen Goldbarren entspräche (Goldpreis März 2020). Das wären also 99.999 € mehr, als zu Anfangs, also vor 236 Jahren auf das Sparkonto eingezahlt wurde.
Nach 500 Jahren hätte ein Erbe Josephs auf sage und schreibe entsprechend 70.245 Goldbarren (entsprechend mehr als 7 Milliarden €!) Anspruch gehabt.
Das gesamte auf der Erde vorkommende Gold (ca. 200.000 Tonnen) aber, hätte unsere hypothetische Bank bereits nach 805 Jahren dem Erben des Sparers geschuldet.
Im Jahr 1415 wäre der entsprechende Geldwert dann soviel gewesen, als schulde man ihm das Volumen unseres gesamten Planeten Erde, ausgefüllt mit reinem Gold.
Im Jahre 1900 wäre das ein noch fantastischerer Wert gewesen, denn die Bank hätte ihm die groteske Menge von 19 Milliarden Erdkugeln aus reinem Gold geschuldet.
Zu heutigem Datum 2024 aber hätte sich dieser Wertbetrag zu mehr als 6 Billionen Erdkugeln aus reinem Gold aufaddiert! Das entspräche dem Volumen einer Goldkugel die 5 Millionen mal größer wäre als das unserer Sonne!
Punkt.
Wie man ganz deutlich sehen kann, wäre es der Bank wohl bereits nach 500 Jahren nicht mehr möglich gewesen, jenem Sparer-Erben nur den winzigsten Bruchteil eines Bruchteils dessen auszahlen zu können, was ihm bei einer Verzinsung von nur 5% zugestanden hätte!
Bei dieser Rechnung wäre durchaus die Frage angebracht, inwieweit das Konzept des Zinseszins dann überhaupt noch Sinn macht, wenn der ab einem gewissen Grad überhaupt nicht mehr zurückgezahlt werden kann?
Wofür die Menschen Zinsen erfanden
Die Sache mit dem Zins war immer auch eine Religiöse, wie wir oben sehen konnten. Man verbot Zinsen zu erheben und führte den Zins auch wieder ein. Ursprünglich stammt das Zinskonzept von den Sumerern, aus einer Zeit vor etwa 4.400 Jahren. Sie nannten es »Maš«, das »Kalb«, denn es galt ihnen als ein Naturlohn, was man heute als Sachzuwendung bezeichnen würde.
Im Reich der Babylonier, vor etwa 3.800 Jahren, kannte man den sogenannten Marktzins, der schon damals für den Schuldner ein Risiko bildete, denn konnte er diesen Zins nicht zahlen, lief er Gefahr von seinem Gläubiger versklavt zu werden.
Vor 3.000 Jahren gab es dann bei den Juden das Sefer ha-Berit, das »Bundesbuch«, indem man das Verbot fand, Zinsen bei Krediten an arme Menschen zu erheben.
Leihst du einem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dich gegen ihn nicht wie ein Gläubiger benehmen. Ihr sollt von ihm keinen Zins fordern.
– Exodus 22:24
In einem anderen der fünf Bücher Moses heißt es zudem
Du sollst von Deinen Volksgenossen keinen Zins nehmen, weder Zins für Geld, noch Zins für Speise, noch Zins für irgendetwas, was man leihen kann.
– Deuteronomium 23:30
Ob das nur für die angesprochenen Mitglieder des Volkes Israel galt, sei einmal dahingestellt. Dass Zinserhebung einem Volk jedoch schade, davon war auch der griechische Philosoph Platon überzeugt. Bei den Römern dann, etwa zur selben Zeit Platons, handhabte man das mit der Verzinsung entsprechend der Art des Schuldnertums, wo der mündlichen Zusage auf einen bestimmten Zinssatz, per Handschlag zugestimmt wurde, oder man an Verwandte Darlehen auch zinslos als Gefälligkeit gab.
Erst mit dem Aufkommen des Christentums bewegte sich die Erhebung von Zinsen in einen Bereich heftiger Kritik. Die Kirche verlangte, dass in Not geratenen, bedürftigen Personen, zinslose Darlehen gegeben werden mussten, und beriefen sich dabei auf das mosaische Buch Levitikus und wie auch das Lukas-Evangelium des Neuen Testaments:
Doch ihr sollt eure Feinde lieben und Gutes tun und leihen, wo ihr nichts zurückerhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.
– Lukas 6:35
Nimm von ihm keinen Zins und Wucher! Fürchte deinen Gott und dein Bruder soll neben dir leben können. Du sollst ihm weder dein Geld noch deine Nahrung gegen Zins und Wucher geben. Ich bin der Herr, euer Gott, der euch aus Ägypten herausgeführt hat, um euch Kanaan zu geben und euer Gott zu sein. Wenn ein Bruder bei dir verarmt und sich dir verkauft, darfst du ihm keine Sklavenarbeit auferlegen
– Levitikus 25:36
Ein Verstoß gegen das daraus resultierende Zinsverbot hatte für einen Christen schwerwiegende Folgen. Wer Zinsen erhob dem drohte der Ausschluss aus der christlichen Gemeinde. So einer erhielt damit auch kein kirchliches Begräbnis. Kaiser Karl der Große löste im Jahr 789 dann dieses Zinsverbot aus dem kirchlichen Gesetzeszusammenhang und erklärte es sogar zum weltlichen Verbot.
Doch auch der Islam hatte bereits mehr als 150 Jahre zuvor, das christliche Zinsverbot übernommen und forderte nach 622 n. Chr. dazu auf, keinen Zins – arabisch »Riba« – zu nehmen. Wie man der Sure 2:275 entnehmen kann, darf der Schuldner dem Gläubiger nur das Kapital zurückzuerstatten.
Diejenigen, die Zins nehmen, werden nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfasst und geschlagen ist. Dies dafür, dass sie sagen: »Kaufgeschäft und Zinsleihe sind ein und dasselbe.« Aber Gott hat das Kaufgeschäft erlaubt und die Zinsleihe verboten.
Das Prinzip vom Verleihen von Geld, als Vorstellung eines Verzichts auf Möglichkeiten darzustellen, scheint damit an sich in Frage gestellt. Allerdings ist da aus heutiger Sicht eine recht schwierige Angelegenheit, zumal alle Geldbeträge der Inflation wegen ja ihre Kaufkraft allmählich verlieren – wegen eben des Zinseszins.
Kaum verwunderlich, wenn man im Mittelalter als Synonym für den Zinseszins ganz einfach das Wort »Schaden« verwendete. Dabei sei aber einmal dahingestellt, wen solch »Schaden« letztendlich am schlimmsten schmerzt.
Es ist einfach, diese Tatsache festgestellt zu haben. Und da gab es wohl schon unzählige Menschen vor mir. Das Geldsystem jedoch umzustellen: Ist das einfach möglich?
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Großartiger Beitrag. Herzlichen Dank dafür.