Die 113. Sure des Heiligen Koran: Die Dämmerung
Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen,
Sprich: Ich suche meine Zuflucht beim Herrn der Morgendämmerung (1)
Vor dem Übel dessen, was er erschaffen hat (2),
Und vor dem Übel der Dunkelheit, wenn sie hereinbricht (3),
Und vor dem Übel der Knotenanbläser (4)
Und vor dem Übel jeden Neiders, wenn er neidet. (5)
بِسْمِ اللهِ الرَّحْمنِ الرَّحِيمِِ
(قُلْ أَعُوذُ بِرَبِّ ٱلْفَلَقِ (١
(مِن شَرِّ مَا خَلَقَ (٢
(وَمِن شَرِّ غَاسِقٍ إِذَا وَقَبَ (٣
(وَمِن شَرِّ النفثت فِى ٱلْعُقَدِ (٤
(وَمِن شَرِّ حَاسِدٍ إِذَا حَسَدَ (٥
Bismi-llahi-r-rahmani-r-rahim
Kul audhu bi-rabbi al-falaq, (1)
Min scharri ma khalaq, (2)
Wa min scharri ghasikin idha wakab, (3)
Wa min scharri an-naffasati fil-ukad, (4)
Wa min scharri chasidin idha chasad. (5)
Bedeutungen der Al-Falaq
Diese Sure wurde dem Propheten Mohammed (as) in Mekka offenbart, noch bevor er nach Medina floh.
In der Sure Al-Falaq wird Gott in einem Bittgebet angerufen, um den Betenden vor den Übeln der Welt und des Satans zu schützen. Sie zählt zu jenen Suren des Heiligen Koran, die sich mit der Beziehung von Mensch zu Gott, mit Spiritualität und dem islamischen Glauben an sich beschäftigen.
Herkunft des Namens der Sure Al-Falaq
„Al-Falaq“ bezieht sich auf die Aufteilung der Welt in Pole, denn seine wörtliche Bedeutung ist „Trennung“ oder „Spalt“. Wenn im ersten Vers aber die Rede ist von einer „Dämmerung“, ist das ein Hinweis auf eben solch einen „Spalt“, der die Phase der Trennung zwischen Nacht und Tag bemisst. Al-Falaq steht somit für das Verschwinden der Finsternis und das Kommen des Lichts.
Im übertragenen Sinne deutet der Titel dieser Sure jedoch auch auf das Heraufdämmern der Wahrheit hin, beziehungsweise meint jene Gewissheit, das auf eine „dunkle Lebensphase“ auch wieder eine Zeit des Lichts folgen wird. Wenn also die Dunkelheit der Nacht am furchterregendsten ist, dringen schon bald wieder Lichtstrahlen hindurch, die zur Dämmerung führen. Wenn also Allah als Herr der Morgendämmerung angerufen wird, ist das auch zu interpretieren als Aufruf nach dem Guten zu streben. So ließe sich die Zuflucht beim Herrn, auch gleichsetzen mit einem Streben nach Licht und Wahrheit.
In der berühmten Licht-Sure heißt es:
Gott ist das Licht der Himmel und der Erde. Das Gleichnis seines Lichtes ist das einer Nische, in der eine Lampe ist. Die Lampe ist in einem Glas. Das Glas gleicht einem funkelnden Stern. Das Öl der Lampe stammt von einem gesegneten Baum, einem Ölbaum, der nicht östlich und nicht westlich ist und dessen Öl beinahe von selbst leuchtet, ohne dass es das Feuer berührt hätte. Licht über Licht. Gott leitet zu Seinem Licht wen Er will.
– Sure 24:35
In diesem Kontext ließe sich die Nacht, als Symbol für das Nichtsein interpretieren, für den Tod und die Übel. Während der Tag jedoch für Leben und Aktivität steht. Urheber und Quell des wahren Lichts aber ist allein Allah, der alle die sich ihm nähern von den Schatten der Unwissenheit und damit von den Übeln des Aberglaubens befreit.
Wirkungen der Rezitation der Sure Al-Falaq
Gemeinsam mit der 114. Sure An-Nas (die Menschen), gehört die Sure Al-Falaq zu den sogenannten „Suren der Zuflucht“. Während die Sure An-Nas dem Gläubigen hilft, bei Gott vor inneren Übeln Zuflucht zu nehmen (böse Gedanken, Neid auf andere, Hassgefühle, Rachegelüste, Selbstüberschätzung), stehen einem die Verse der Sure Al-Falaq bei, wenn man bei Gott Zuflucht sucht vor äußeren Übeln: dem Schaden durch Fremde, durch Flüche, fremdem Neid, durch den Bösen Blick und so weiter.
Es ließen sich dieser polaren Thematik, durchaus aber auch menschliche Eigenschaften und Gefühle zuordnen, wie etwa Liebe und Feindschaft. Denn wenn es im 5. Vers dieser Sure heißt
Und vor dem Übel der Knotenanbläser
Die Knotenanbläser stehen synonym für böse Hexen oder Schwarzmagier. Jene Knoten können auch verstanden werden als die Verbindung zweier Menschen. Ein böser Knotenanbläser versucht durch das Anblasen jener Verbindung (des Knotens), ein Bündnis zu lösen, Menschen zu trennen und aus dem Licht in die Finsternis hinab zu ziehen. Er will das Band der Ehe durch einen Fluch brechen.
Jener 5. Vers der Sure Al-Falaq verweist auch auf die bösen Machenschaften eines Menschen oder eines dunklen Schattenarbeiters, der, während er jemanden verflucht, mit jedem Satz einen Knoten in ein Stück Darm oder Strick flechtet und dabei festzieht. In vorislamischer Zeit gab es solche Menschen auch in Arabien. Sie machte man verantwortlich für alle möglichen Krankheiten. Um einen Fluch über eine Person zu lösen, musste aber erst das Stück Band gefunden werden, in dem sich der zu lösende Knoten befand. Sicher aber war, dass auch der Verflucher selbst, an seinen Fluch gebunden, mit dem Schicksal seines Opfers untrennbar „verknotet“ war.
Wenn im 2. Vers dieser Sure der „Herr der Trennung“ (oben als „Herr der Morgendämmerung“ übersetzt) angerufen wird, geht es um die Suche nach Zuflucht bei Allah, der ja auch für das Aufgehen neuer, guter und fruchtbringender Resultate ist. Das gilt etwa auch für jene „Spalten“ in der Erde, in denen die Saat zu keinem beginnt. Auch das dazu benötigte Sonnenlicht „spaltet“ die Wolken des Himmels, die dabei ihren segnenden Regen hinabsenden. Gewiss klingen in dieser Thematik also auch die geheimen Mysterien der Landwirtschaft an, wie sie in der Antike abgehalten wurden – und zwar immer zur Tagundnachtgleiche (Frühling und Herbst).
Wer die Sure Al-Falaq im heiligen Monat Ramadan häufig rezitiert, so heißt es, dem sollen Segnungen zukommen, als befände er sich auf der kleinen (Umrah) oder großen Pilgerfahrt (Hadsch) nach Mekka.