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Der Heilige Franziskus von Assisi

Ende des 12. Jahrhunderts veränderte sich das kulturelle Leben in Europa. Bilder, die mit den Kreuzfahrern aus dem Orient zurückkehrten, sollten die Fantasie vieler Künstler inspirieren. Es war das auch die Zeit in der die christliche Minne-Lyrik blühte, in denen Mystiker wie Bernard von Clairvaux oder Hildegard von Bingen ihre sakralen Dichtungen vorlegten.

Seit langer Zeit jedoch schien die wahre Lehre Christi in Europa ein furchtbarer Irrglaube zu überschatten. Denn mit den abgründigen Ereignissen der Kreuzzüge, denen so viele Menschen zum Opfer gefallen waren, wusste man scheinbar nichts mehr von dem Jesus als das Lamm Gottes, das sich für die Menschen in bedingungsloser Liebe opferte. .

Aber ausgerechnet in dieser dunklen Zeit des Hochmittelalters, sollte die Vorstellung eines liebenden Heilands Jesus Christus durch die Mystiker dieser Zeit wieder ins Bewusstsein der Menschen gebracht werden. Troubardoure und Minnesänger versuchten in ihrer heiligen Poesie und den daraus entstandenen Gesängen, Gläubigen den christlichen Urgedanken wieder näher zu bringen.

Ein Sonnenstrahl reicht hin, um viel Dunkel zu erhellen.
– Franziskus von Assisi

Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide, Robert de Boron oder Chretien de Troyes: sie alle brachten mit ihrer besonderen Liebespoesie dies verlorengegangene Gut des Christentums wieder zurück, damit es in den Herzen der Menschen wieder erblühe, durch eine darin vermittelte neue Hoffnung ermutigt.

Jene genannten Minnesänger waren Zeitgenossen des heiligen Franziskus von Assisi, der wie auch sie erinnern wollte, an die große Wahrheit der Nächstenliebe und einem davon ausgehenden Streben, das in die damalige Zeit ein spirituelles Heilwerden der Welt vermitteln wollte.

Wer war der Heilige Franziskus?

Franziskus wurde als Sohn eines wohlhabenden Händlers im Jahr 1181 im italienischen Assisi geboren. Bevor sich Franziskus selbst zum Mönch wurde, lebte er als junger Mann allerdings ein Leben weit jenseits aller Askese. Er feierte mit anderen wohlhabenden Freunden ausschweifende Feste, war ein umschwärmter Verführer, der sich auch als kühnen Schwertkämpfer einen Namen gemacht hatte.

Im Alter von 20 Jahren wurde Franziskus als Soldat eingezogen. Er geriet in Kriegsgefangenschaft, was sein bisher unbekümmertes Leben tatsächlich in Frage stellen sollte. Zutiefst erschüttert über die im Kreuzzug erfahrenen Grausamkeiten, erkrankte er nach seiner Freilassung schwer. In einem Fiebertraum wollte er da von Gott den Auftrag erhalten haben, sich vom weltlichen Leben loszusagen und sich in den Dienst Christi zu stellen. Nach seiner Genesung löste er sich von allen gesellschaftlichen Bindungen in seinem bisherigen Leben und begab sich auf eine Pilgerreise.

Eine christliche Liebeslyrik

In dem was uns von Franziskus heute an lyrischer Dichtung vorliegt, sticht seine besondere Verehrung der Natur hervor. Für ihn waren Menschen, Tiere und Pflanzen, alles Wesen höchster Vollkommenheit, deren irdische Existenz sich mit dem zentralen Gestirn der Sonne auf der Erde, im ewigen Zyklus von Geburt, Leben und Sterben vollzieht, so wie es die Jahreszeiten jedes Jahr aufs Neue lehren.

Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne;
er ist der Tag, und du spendest uns das Licht durch ihn.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz,
dein Sinnbild, o Höchster.

Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond und die Sterne;
am Himmel hast du sie gebildet, hell leuchtend und kostbar und schön.

– Sonnengesang des Heiligen Franziskus

Christentum und Islam: Begegnung in Frieden

Durch Franziskus‘ Wirken kehrten solch christliche Ideale wie Selbstlosigkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe, allmählich wieder zurück in die Herzen seiner Zeitgenossen. Das sollte sich in einer Verbreitung seiner Lehren in ganz Europa multiplizieren. Franziskus lag viel daran, die Menschen, die seine Lyrik kannten damit anzuregen, erste Annäherungsversuche von eigentlich verfeindeten Muslimen und Christen zu wagen, während der Kreuzzüge zwischen den Jahren 1228 und 1254.

Auch Franziskus nämlich hatte sich auf eine Pilgerreise ins gelobte Land begeben. Dort traf er zum ersten mal Menschen deren Glaube der Islam war. Ja, selbst dem großen Sultan Al-Malik Al-Kamil von Ägypten († 1260) sollte er begegnen, den Franziskus’ liebevolle Art wahrlich bezauberte und ihm ein gewiss ganz anderes Bild von einem wahren Christen zeigte.

Diese besondere Begegnung sollte sich ganz positiv auf das Verhältnis der christlichen Kreuzfahrer und der Muslime auswirken. Weniger aber als Bekehrungsversuch, als das sich mit ihm das Bewusstsein eines gemeinschaftlichen Gottesglaubens gestaltete, in dem die Menschen beider Religionen erfahren durften, in einem neuen Frieden miteinander zu leben.

Auch der einstige Kaiser Friedrich II. (1194-1250) sollte durch Assisis Wirken mit den Arabern in diplomatische Beziehungen treten, was im Jahr 1229 in Palästina zum „Frieden von Jaffo“ führte, der über zehn Jahre gehalten werden konnte. Es schien, als entwickelte sich Sankt Franziskus‘ Wirken zu einer Gegenkraft zum zerstörerischen Wahn der Kreuzzüge. Die schnelle Ausbreitung seiner Lehren, führte die Menschen des katholischen Christentums zu einem Wendepunkt der Erinnerung an das wahre Wesen Jesu Christi.

Die Armut der Franziskaner

Willst Du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe was du hast, und gib es den Armen.

– Matthäus 19:21

Nach seiner Rückkehr von seiner Pilgerreise geriet Franziskus in Italien zuerst in Uneinigkeit mit seinen Ordensbrüdern. Für ihn nämlich war es wichtig alleine die Botschaft Jesu zu leben und nicht so vielen Ordensregeln zu folgen, wie es in anderen christlichen Mönchsorden der Fall war. Alleine die Botschaft Jesu genügte ihm.

Giotto: Vogelprediger St. Franziskus von Assisi
Fresko in der Basilika von Giotto di Bondone: Franziskus der Vogelprediger

Seine Ordensbrüder waren mit dieser Lebensauffassung aber leider nicht einverstanden. Und so kam es zu einem Streit über die Regeln innerhalb des Ordens. Schließlich trat Franziskus als Ordensleiter zurück und begab sich 1224 in die Einsamkeit auf dem toskanischen Berg La Verna (Italien), um dort 40 Tage zu fasten, wo ihm in einer besonderen Vision der christliche Heiland als gekreuzigter Engel erschien.

Man fand Franziskus später mit Wundmalen an Händen und Füßen gekennzeichnet und einer Lanzenwunde in seiner Brust, die Wundmale des gekreuzigten Jesus Christus andeutend. Zwei Jahre später verstarb der heilige Franziskus. Für seine Anhänger waren die Stigmata Zeichen seiner irdischen Nachfolge Christi. Doch dieser Glaube, der sich schnell verbreitete, sollte seine Nachfolger auf den Scheiterhaufen der heiligen Inquisition bringen. Eigenartig jedoch, dass Papst Gregor IX. bereits zwei Jahre nach seinem Tod 1228, Franziskus von Assisi heilig sprach.

Sei gelobt, mein Herr,
für unsern Bruder Tod,
den herben,
dem kein Lebender
entrinnen kann.

Weh, ach denen,
die Sterben
In Todsünden

Selig Jene,
die sich gefunden
in deinem heiligsten Willen,
denn ihnen
kann der zweite Tod
nicht an
[…]

Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, zumal dem Herrn Bruder Sonne;
er ist der Tag, und du spendest uns das Licht durch ihn.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz,
dein Sinnbild, o Höchster.

Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond und die Sterne;
am Himmel hast du sie gebildet, hell leuchtend und kostbar und schön.
[…]

Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde,
die uns ernähret und trägt
und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter.

Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Drangsal.
Selig jene, die solches ertragen in Frieden, denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt werden.

– Sonnengesang des Heiligen Franziskus

Sein Wirken bis in die heutige Zeit

Einige seiner elementaren Lebensinformationen genügen, um den Heiligen Franziskus besonders schätzen zu lernen. Was man über sein ungewöhnlich auffälliges Erscheinen von damals heute weiß, sollte immer wieder viele Menschen dazu anregen, sich mit seinen Lehren zu beschäftigen. Und das waren nicht nur religiöse Menschen.

Franziskus hatte die Vision einer neuen Kirche gehabt, die nach dem Heil der gesamten Schöpfung strebt, war seine Spiritualität doch geprägt von einer großen Achtung vor dem Wesen der gesamten Natur. Eben so wurde er zum heiligen Schutzpatron der Tiere und des Naturschutzes. Die moderne Umweltbewegung sollte auf diesen Zusammenhang im Kontext des christlichen Glaubens auch wieder eingehen.

Auch Franziskus‘ Verpflichtung zur Friedfertigkeit, weist eindeutig auf die spätere Friedensbewegungen hin, die von der nach ihm benannten amerikanischen Stadt San Francisco ausging. Dort feierte man die sogenannten „Rainbow-Gatherings“, als Symbol für Naturverbundenheit und auch für die Friedfertigkeit der Menschen untereinander. Wenig später folgte in Verbindung mit dem besagten „franziskanischen Bewusstsein“ die Hippie-Bewegung der 1960er.

Viele Künstler und Schriftsteller haben sich vom Lebenswerk dieses Heiligen inspirieren lassen. Da es auch zahlreiche Übereinstimmungen zu den Lebensgeschichten hinduistischer Heiliger gibt, zählt er für indische Christen bis heute zu dem bekanntesten Heiligen. Seine spirituellen Vorstellungen haben eben auch viele Berührungspunkte mit der Gesinnung hinduistischer und buddhistischer Mönche, die wie auch die Franziskaner bewusst in Armut lebend, wegen ihrer Suche in sich nach einer universalen Spiritualität auf Wanderschaft begeben.

Sie alle teilen ein besonderes Grundrecht, dass dem Heiligen in seinem Vornamen „Franziskus“ mit auf den Weg gegeben wurde, dessen alt-französische Wurzel „franc“ für die Freiheit eines Menschen stehen.

Zitate entnommen aus dem Buch: Der Sonnengesang des Heiligen Franz von Assisi, Joseph Bernhart (Hrsg. / Übers.), Gral Verlag Aloys Graef, Heidelberg, 1947

Den vollständigen Text des Sonnengesangs finden Sie hier >>

 

2 Kommentare
  1. Die Verbindung der geistigen Lehren mit den materiellen, wissenschaftlichen Gesetzen und der dadurch erweiterte Blick wird uns weiterbringen.

  2. Wir betreten ein Zeitalter der Integration, wo sich, wie Sie schreiben, und ich in meinen Worten wiedergebe, „das Äußere und Innere“ zu einer im Diesseits erfahrbaren Lehre verbindet.

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