Nachdem der Buddha die Wahrheiten über das Leiden, die Ursache des Leidens und die Befreiung vom Leiden erkannt hatte, lehrte er seinen Schülern den Edlen Achtfachen Pfad. Ihm können wir folgen, um uns vom Leiden zu befreien.
Wer diesen Weg zu Ende geht, soll schließlich Erleuchtung finden – das, was die Buddhisten »Nirwana« nennen: das Erlöschen aller Begierden, allen Hasses und dem Nichtwissen. Ausgangspunkt der Lehre des Siddartha Gautama Buddha (563-483 v. Chr.) bilden die sogenannten »Vier Edlen Wahrheiten«. Sie beschreiben für das Leben eines jeden Menschen eine praktisch anwendbare Weisheitslehre.
Sie bilden die vier heiligen Grundpfeiler, auf denen das Fundament der Lehre des Buddha errichtet wurde. Wir wollen uns darum im Folgenden ansehen, was es damit auf sich hat.
1. Duhkha: Das Leiden
Alle Menschen in dieser Welt haben Probleme und darum ist auch Leid ein ganz grundsätzlicher Bestandteil, den jeder Mensch in seinem inkarnierten Leben hier auf Erden erfährt. Es ist eine ganz eindeutige Wahrheit, an der keinerlei Zweifel besteht. Was lebt, das erfährt auch Schmerz, Enttäuschung, Bitterkeit, Krankheit und all die vielen anderen Formen von Leid. Manche davon sind ganz offensichtlich, doch viele andere Formen sind eher subtil und nicht auf Anhieb von anderen Menschen beim Leidenden zu erkennen. Selbst dann, wenn die Dinge gut zu sein scheinen, bleibt immer noch ein Rest an Unsicherheit in jedem von uns übrig, was seiner Bedeutung nach vielleicht dem deutschen Wort der »Grundangst« entspricht.
2. Samudaya: Die Ursache des Leidens
Dem Buddha lag aus diesem Grund viel daran, zu erkennen, was die eigentliche Ursache des Leidens ist. Und er kam zu der etwas verwunderlichen, aber ganz weisen Erkenntnis, dass es des Menschen fehlendes Verstehen und Wissen vom Wesen über seine wahre Natur ist. Dies geht einher mit dem Missverständnis über das wahre Wesen der Wirklichkeit, in welcher ja ein jeder von uns sein Leben als real erfährt.
Der Buddha hatte erkannt, dass jeder von uns allerdings aufgrund eines Irrglaubens leidet. Und dieser Irrglaube besteht darin, dass jede Existenz, auch unsere eigene, sich als getrennt, unabhängig und in sich abgeschlossen empfindet. Doch führt uns das immer wieder vergebliche, doch teils schmerzhafte Kämpfe, die uns unser Ego in Form einer Täuschung aufbürden. Hieraus wird die Illusion geboren, die uns den immerwährenden Kreislauf von Werden und Vergehen aufrechtzuerhalten drängt – dem, was der Buddhismus das »Samsara« nennt.
3. Nirodha: Das Ende des Leidens
Mit seiner Meditation über die eben besagten zwei ersten Wahrheiten, fand der Buddha aber schließlich zu der Erkenntnis, dass das, was unser Leben mit Beschwerden, Ängsten und Problemen verdunkelt, nur vorübergehend ist. Sie nämlich ähneln vorüberziehende Wolken, die die symbolische Sonne unserer eigentlich erleuchteten Natur verdunkeln. Unsere Leiden können also enden, wenn wir uns vom Schmutz der besagten Verdunkelungen reinigen, so dass in uns der Geist unseres wahren Wesens erwacht.
Der Buddha selbst erfuhr das in der Erfahrung seines Erwachens im indischen Bodhgaya, nachdem er für 49 Tage unter dem Bodhi-Baum meditiert hatte. Die weise Erkenntnis zu der er danach fand, war, dass ein jeder Mensch zur vollständigen Beendigung all seiner Leiden finden kann: dem Nirwana. Es ist eine Erfahrung vollkommener, losgelöster Freiheit, ein Erleben wahren Friedens und der Erlösung der Seele aus dem Samsara – dem Kreislauf von Geburt, Leben, Tod und Wiedergeburt.
4. Marga: Der Pfad
Hieraus schließlich ergab sich die vierte der edlen Wahrheiten, die besagt, dass wir durch spirituelle Praxis, ein ethisch reines Leben antreten können. So wie der Buddha, können damit auch wir, durch eine Reise zu unserem innersten Wesen, zur Erleuchtung finden und damit den Weg zur Befreiung vom Leiden antreten. Aus dieser Wahrheit entwickelte der Buddha den »Edlen Achtfachen Pfad«, der jeden Menschen zum Erwachen führen kann.
Auf dem Weg zu Vollkommenheit
Wenn nun die Rede ist von einem »Achtfachen Pfad«, geht es dabei um den Weg, den ein Mensch in seiner spirituellen Praxis, Stufe um Stufe zu ersteigen hat, in dessen Verlauf er besondere Fähigkeiten entwickelt. Sie helfen ihm dann entsprechend den nächsten Abschnitt seiner damit angetretenen Reise zu beschreiten. Es ist ein Weg zur Vollendung seines menschlichen Daseins auf Erden und damit etwas, das ihn in eine umfassende Praxis einführt, die er sein gesamtes Leben übt.
Unter den acht Ebenen, in denen ein Mensch sein irdisches Dasein auf diesem Pfad veredelt, versteht man im Buddhismus die wesentliche Form, mit der man sich aus dem Kreislauf des Leidens allmählich entwindet, um schließlich Nirwana zu erlangen. Hierfür ist die Unterteilung in drei Gruppen wichtig: Ein Mensch soll darin zuerst zur Weisheit finden, durch eine rechte Sichtweise auf die Welt, eine rechte Absicht, derer es bedarf, um sich durchs Leben zu bewegen, was sich jedoch nur verwirklichen lässt durch Kontrolle seiner gesprochenen Sprache.
Daraus nun folgt ein entsprechend ethisches Verhalten, das geprägt ist durch seine guten Taten, mit denen er auch seinen Lebensunterhalt bestreitet, was natürlich einhergeht mit entsprechenden Bemühungen und einem Streben nach Gutem.
Schließlich entwickelt der wahre Buddhist dann eine besondere Geistesdisziplin, worin er sich in Achtsamkeit übt, um dementsprechend zu einer meditativen Beschaulichkeit zu finden.
Was das eben Gesagte aber im Einzelnen bedeutet, schauen wir uns in den nachfolgenden Beschreibungen genauer an.
Weisheit finden
1. Sammaditti: Rechte Sichtweise
All unsere Handlungen haben ihre Konsequenzen. Im Buddhismus beschreibt diese Wahrheit das Gesetz des Karma. Gemäß unseres Denken verhalten wir uns und handeln auch dem entsprechend. Alle unsere Handlungen haben Folgen, die jedoch insbesondere auf uns selbst zurückwirken.
Selbst wenn andere Menschen in unserem Leben nicht wissen was wir denken, sollten wir dennoch achtgeben auf unsere Art der Betrachtung, auf unsere Sichtweise der Geschehnisse und Begegnungen im Außen.
Durch die rechte Sichtweise auf das eigene Leben und die Ereignisse in unserer Umwelt, gelingt uns allmählich zu verstehen, was die Natur des Leidens ist, was seine Ursachen sind und beginnen zu ahnen, welche Wege zu seiner Beendigung führen.
2. Sammasankapa: Rechte Entschlossenheit
Um heilsame und dem Leben angemessene Absichten zu kultivieren, bedarf es einer rechten Entschlossenheit. Dies schließt ein, das wir beabsichtigen, grundsätzlich auf schädliche Handlungen zu verzichten und niemanden zu verletzen und auch nicht der äußeren Natur der Erscheinungen anzuhaften. Denn worum es in unserem Leben gehen sollte, ist die Kultivierung einer von Wohlwollen und Mitgefühl bestimmten Lebenshaltung.
3. Sammavaca: Rechte Rede
Lüge, Zwietracht, Unfreundlichkeit und nutzloses Gerede helfen niemandem und richten nichts als Schaden an. Wir sollten darum unsere Zunge hüten und durch unsere Sprache nur Konstruktives zu gestalten. Ein Mensch sollte seine Worte darum so nutzen, dass sie Wahrheit und Harmonie befördern und dass sie dem gegenseitigen Verständnis helfen.
Ethisches Verhalten üben
4. Sammakamanta: Richtiges Handeln
Ein Leben im Einklang mit gesunden Werten bedeutet, dass man sich von schädlichen Handlungen wie Gewalttätigkeit, Stehlen oder sexuellem Fehlverhalten fernhält.
Wir sollten unsere Begabungen und Fertigkeiten so einsetzen, dass andere sich an unserem ethischen Verhalten erfreuen, das sie erkennen, dass wir unser Handeln, nur zum Wohle der Menschen und nur zu, guten Gedeihen der Dinge in der Natur einsetzen.
5. Sammaajiva: Rechter Lebensunterhalt
Jemand sollte eine Arbeit zum Broterwerb wählen, die mit den Grundsätzen ethischen Verhaltens in Einklang steht. Rechter Lebensunterhalt aber bedeutet auch, dass man unbedingt vermeidet mit seiner Arbeit irgendjemandem zu schaden. Berufe, die zur Schädigung des Lebens beitragen oder den Arbeitenden zu Unehrlichkeit verleiten, müssen darum gemieden werden.
6. Sammavayama: Richtige Anstrengung
Jemand sollte sich beharrlich und gewissenhaft darum bemühen, heilsame Lebenseigenschaften zu kultivieren. Unheilsame oder schädliche Eigenschaften müssen beseitigt werden, wobei wir negative Geisteszustände erkennen und aufgeben, um stattdessen ein positives Denken über uns selbst, über andere und über die Chancen der Weiterentwicklung nähren. Das meinte der Buddha, wenn er dabei von dieser sechsten Stufe sprach, auf die wir uns durch rechte Anstrengung begeben, im Beschreiten des Achtfachen Edlen Pfades.
Durch Geistige Disziplin zu Ruhe und Einsicht kommen
7. Sammasati: Rechte Achtsamkeit
Im Augenblick voll bewusst präsent zu sein, ist eine sehr wichtige Übung. Sie aber gelingt uns wohl nur dann, wenn wir zuerst einmal damit beginnen, unser Tun bewusst zu erleben und uns allem beiläufigen Handeln entziehen. Durch stetiges Üben solch achtsamer Praxis lernen wir uns unseres Körpers, unserer Gefühle und unseres Denkens stets klar und nicht wertend gewahr zu werden. Dann erst kommen wir zu einer rechten Achtsamkeit, in der sich uns sogar spirituelle Vorgänge enthüllen, die sich jenseits unserer fünf Sinne abspielen.
8. Samadhi: Rechte Sammlung
Unseren Geist auf genau eine Sache zu konzentrieren, uns in einem Punkt inneren Betrachtens zu versenken, befähigt uns ein höheres Bewusstsein zu entwickeln. Dies wird durch Meditationspraktiken erreicht, die es unserem Geist erlauben, sich in einem einzigen Objekt der Konzentration zu bündeln, was zu Zuständen geistiger Einsicht und Ruhe führt.
Auf dem Weg
Wir sahen, dass der Edle Achtfache Pfad, den der Buddha lehrte, ein Weg zur Befreiung vom Leiden ist. Sicherlich aber ist dieser Weg nicht einfach zu beschreiten und kaum wird man sich von Problemen befreien, wenn man das hier Gesagte nur eben las, doch nicht übt. Doch selbst wenn seine Verwirklichung nur durch echte Arbeit am eigenen Dasein möglich ist, liegt alles was wir dazu brauchen in unseren Händen, in unserem Empfindungsvermögen und der Art wie wir unser Denken benutzen – denn die acht Prinzipien dieses Pfades, sind uns immer zugänglich. Es geht darum sie mit Entschlossenheit anzuwenden und mit entsprechender Übung in unserem Leben bewusst zu verankern.
Unsere Absichten auf diesem Weg müssen klar sein. Wir sollten uns darum bemühen Achtsamkeit und Konzentrationsfähigkeit in unserem Leben zu kultivieren. Es ist das etwas, das Zeit braucht und Geduld. Schnelle Ergebnisse werden nicht kommen, auch wenn manch Anderer sich dabei schneller entwickelt als man selbst, sollte man sich niemals entmutigen lassen weiter zu üben.
Dieser edle Lebensweg den der Buddha lehrte, eignet sich für jeden Menschen, auch wenn er selbst kein Leben als Buddhist führt. Was dieser Weg der Befreiung nämlich jedem Menschen zu geben vermag, ist authentisch und kann jederzeit auf ganz individuelle Weise erfahren werden. Voraussetzung dafür ist ein beständiges Üben, an das man sich zuerst täglich, doch irgendwann ganz häufig über den Tag hinweg erinnern soll. Alles worum es jetzt geht ist damit anzufangen.