Welches Wort unserer Sprache wurde so oft interpretiert wie das Wort Liebe? Und wohl kaum ein anderes ist Quelle so vieler Missverständnisse. Dieses kleine Wort ist in sich schon ein Widerspruch, denn mal meint es ein Heilmittel, ein andermal schmerzende Sehnsucht!
Liebe erstreckt sich sogar noch über sehr viel mehr Ebenen unserer emotionalen Existenz, denn ihr Name steht für noch mehr als Emotion.
Liebe ist eine Eigenschaft göttlichen Bewusstseins, der die alten Griechen drei Namen gaben:
- Agape – die geistige Liebe,
- Philia – freundschaftliche Liebe der Seele und
- Eros – die körperliche Begierde.
Höchste Form der Liebe ist demnach die Agape. Was im deutschen Sprachgebrauch üblicherweise mit dem Begriff Liebe verbunden wird, hat mit Agape aber eigentlich gar nichts zu tun. Agape übertrifft die Erkenntnisfähigkeit des Menschen. Sie ist eine Liebe Gottes, wie sie etwa durch Jesus Christus zu den Menschen kam. Wenn wir uns auf metaphysischer, spiritueller Ebene mit unseren Mitmenschen verbinden, so wirkt da die Agape. Sie ist eine nicht fordernde, selbstlose Liebe.
Agape war das, was Jesus in Matthäus 5:44 forderte, als er sagte
Liebet eure Feinde
Von solch göttlicher Liebe der die Griechen den Namen Agape gaben, sprach aber schon Jahrhunderte vor Christi der große König Salomo:
Die Liebe (Agape) ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht, sie stellt sich nicht ungebärdig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit; sie verträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört nimmer auf, so doch die Weissagungen aufhören werden und die Sprachen aufhören werden und die Erkenntnis aufhören wird.
– Hohelied der Liebe, 1. Korinther 13:4-8
Philia nun, das ist eine Liebe gegenseitigen, freundschaftlichen Interesses. Je nachdem wie unser Gegenüber auf uns reagiert, lieben wir einen Freund, eine Freundin.
Philia hängt davon ab, was der Partner einem geben kann und was sich aus beiderseitigem Vergnügen und Anerkennung ergibt. Wer seinem Lebenspartner gibt, der bekommt auch zurück. Doch wie wohl jeder weiß, hat auch dieses Geben seine Grenzen. Die Reaktionen eines Liebespartners nehmen nämlich allmählich ab. Man gewöhnt sich aneinander. Geliebt wird, solange man etwas vom Partner bekommt: Treue, Versorgung, Schönheit, Sex, usw. Wenn eine Partnerschaft aber fortbestehen will, muss in der Neigung zu Lieben, in Philia, eine Agape wachgerufen werden.
Eros nun hebt sich von Agape und Philia stark ab, doch scheint heute mehr denn je die zentrale Vorstellung dessen geworden zu sein von dem was Liebe zu sein scheint. Wenn Agape die bedingungslose, gebende, reine Liebe ist und Philia die Liebe gegenseitigen Gebens, so steht der Eros für das heiße Verlangen.
Das Orphische Ei
Bei den Orphikern war Eros eine kosmische Macht, die während der Trennung von Himmel und Erde entstand. Im Chaos bildete sich das Ur-Ei, was sich hernach in eine untere und eine obere Hälfte spaltete:
- Gaia die Erde und
- Uranos der Himmel.
Während dieser Trennung entwich als leuchtende Schlange der brennende Eros (auch Phanes oder Dionysos genannt), der seither versucht die beiden Urglieder Erde und Himmel wieder zu einen – was eine Allegorie ist auf die Vereinigung von Frau und Mann. Wie ein Dämon nimmt da dieser schlangenartige Eros Besitz vom Menschen. So ist Eros auch die chtonisch-kosmische Gewalt, die im Menschen-, Tier- und Pflanzenreich herrscht. Für die alten Griechen bewirkte allein Eros das Weiterleben in der Natur. Damit lagen sie wohl auch nicht ganz falsch. Altgriechische Dichter empfanden den Eros als übermenschlich – mal göttlich, mal dämonisch. Sie betrachteten ihn unter zwei Gesichtspunkten:
- Als kosmische Macht die an der Weltentstehung beteiligt war.
- Als göttliche Macht die auf das menschliche Gemüt einwirkt.
In seinem dämonische Aspekt ergreift Eros den Menschen, beraubt ihn seiner Vernunft, seiner Besonnenheit und Selbstbeherrschung. Selbst den unerschütterlichen Gleichmut eines Weisen lässt Eros erbeben. So kann auch ein vernünftiger Menschen plötzlich irrational handeln, da Eros in ihn eingedrungen ist.
Genau wegen dieser Eigenschaft, fordert Eros von den Menschen Respekt. Wer stets Eros‘ dämonische Macht ignoriert, verfällt seinem erotischen Wahn, während sein Körper degeneriert – so zumindest glaubte man.
Agape, Philia und Eros deuten auf die Liebesenergie, die zwischen polaren Gegensätzen wirkt: zwischen Himmel und Erde, zwischen Mensch und Gott, zwischen Frau und Mann, usw.
Liebe und Wahrheit
Liebe lässt sich noch abstrakter definieren. So ist die Neigung zur Wahrheit auch eine Form der Liebe. Manchmal besitzt Wahrheit die Kraft seelische Wunden zu heilen. In ihr zeigt sich dann eine Art Zuneigung Gottes. Im Christentum verwendet man das Wort darum auch als Synonym für das Wort Liebe. Doch da Menschen im Namen Gottes schon viel Unglück über die Welt brachten, glauben viele zu meinen, das sei nicht wahr. War es dann aber nicht eher der „Unglückbringer“ und nicht Gott, und wurde dabei sein Name nicht missbraucht?
Ähnlich verhält es sich mit dem Wort „Wahrheit“. All die vielen Aspekte des Göttlichen repräsentieren Realitäten dieses Wortes. Sie kreuzen unsere Wege wenn wir uns mit den übermächtigen Wahrheiten der Göttergestalten im alten Ägypten, Griechenland oder Rom befassen. In vielen Mythen und Legenden alter Völker geht es um Konflikte, die sehr unseren persönlichen Lebenskonflikten ähneln. Immer sind es da Schwierigkeiten im Leben eines Menschen, die ihn über sein bisheriges Menschsein hinauswachsen lassen. Damit enthielte göttliche Wahrheit also durchaus auch die Thematik der Konfrontation mit anderen. Und es bedarf dieser, damit ein Mensch überhaupt unterscheiden lernt und dabei versteht dass das Wesen der Liebe immer auch eine Polarität entfaltet. Darum: Nur wer sich sozialen und psychischen Problemen stellt, kann überhaupt herausfinden was Mitgefühl bedeutet – und wer das versteht, für den ist wahre Liebe möglich. Nur wer Ignoranz durch Toleranz ersetzt, der erkennt die Bedeutung dieser Wahrheit, da er bereit ist jedem für sein vermeintliches Fehlverhalten einen Grund einzuräumen.
Wahrheit erfüllt für Menschen einen Zweck: Wege zur Erlösung zu finden. Trotzdem lässt sich das Wesen der Wahrheit nur schwer beschreiben, womit es oft eine Quelle von Widersprüchen und Schnittstelle unzähliger Meinungen und Kritikpunkte sein kann. Was für den einen stimmt, dass muss für einen anderen gar nicht wahr sein. Selbst die notwendigsten, unausweichlichen Wahrheiten befinden sich jenseits dessen was Menschen akzeptieren können. Es gibt eben so viele Wahrheiten, wie es Menschen gibt – und wahrscheinlich eben so viele Götter!
All das aber sind nur Namen. Auch der Liebe wurde ein Name gegeben. Fragte man einen jüdischen Menschen ob er an Allah glaubt, würde er wohl verneinen. Trotzdem glauben die Juden an das was mit Allah gemeint ist; es ist nämlich die arabische Variante des Singulars „El“, aus dessen Plural „Elohim“, das hebräische Wort für Gott gebildet wird. Mit diesem Wort beginnt die Bibelgeschichte:
Und Elohim sprach
– Genesis 1:3
Isa und Maryam – Darstellung in einer persischen Miniatur
Sind Wahrheit und Liebe damit im Wesentlichen aber nur Konzepte?
Fragte man einen gebildeten Muslim ob er an Jesus Christus glaube, verneinte er vielleicht. Fragte man ihn hingegen nach Jesus, dem Sohn Mariens (arab. Isa ibn Maryam), würde er bestätigen dass Jesus von der Jungfrau Maria geboren wurde.
Wahrlich, der Christus Jesus, Sohn der Maria, ist Allahs Gesandter und sein Wort, das er Maria entboten hat, und Geist von ihm.
– Sure 4:171
Namen. Nichts als Namen für ein und den selben Gott?
Letztendlich können wir sagen, dass das Wort Wahrheit von den meisten Menschen ähnlich definiert wird. Als wahr gilt die gesehene Realität – das was sich vor unseren Augen abspielt und wir gemeinsam wahrnehmen – all das wird generell für wahr gehalten. Wenn zwei Menschen unabhängig voneinander ein verliebtes Paar sehen, dürfte beiden die Lage klar sein. Ist damit Liebe aber vielleicht auch die Wahrheit in gemeinsam Erkannten?
Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger […]
– Genesis 4:1
Liebe und Weisheit
Weisheit ist eine weitere Ebene auf der sich Liebe und Wahrheit bewegen. In ihr sind sie gleichermaßen enthalten. Weise Menschen werden geliebt, da sie zum Wohle ihrer Mitmenschen sprechen und handeln. Durch ihr Wirken können Wege zur Wahrheit gefunden und erreicht werden.
Liebe und Dankbarkeit
Eine weitere Form der Liebe ist die Dankbarkeit. Alles was uns an guten Dingen und wahren Ereignissen widerfährt, dafür können wir – und sollten wir – dankbar sein.
Liebevolle Dankbarkeit empfinden wir für jene Menschen die in unserem Namen oder uns zu gute handeln. Das können gute Freunde, Lehrer, Priester, Psychologen, aber auch Arbeitskollegen sein, doch auch fremde Menschen auf der Straße. Dankbarkeit ist Teil der Liebe und kann manchmal als einfaches, kurzes Glücksgefühl empfunden werden.
Liebe und Tugendhaftigkeit
Auf höchster Stufe seiner Existenz versucht der weise Mensch ein tugendhaftes Leben zu erringen. In seiner Liebe erkennt er das Gute, dient dem Schönen und verehrt das Ewige im Einen: das ist Gott. Diese drei Ebenen fügen sich zu einer Triade tugendhafter Attribute der Liebe.
Liebe unter Freunden
Freundschaft ist manchmal die stärkste Form der Zuneigung. Liebe zwischen Verwandten hat nur selten die Kraft, die in der Liebe zwischen guten Freunden besteht. Freundesliebe ist eine aufrichtigere Liebe. Sie ist die stärkste Verbindung die wir mit anderen Menschen haben können – stärker als jede Form der Brüderlichkeit.
Leider wird Freundschaft manchmal aber falsch verstanden und zwar dann, wenn wir Menschen für den Nutzen lieben den sie uns liefern können und weniger dafür was wir ihnen geben können.
Liebe in der Familie
Im Zusammenleben ist Liebe lebensnotwendig und basiert auf gegenseitiger Zuneigung und Rücksicht. Im Alten China sprach man deswegen auch von Treue. In dieser Form der Liebe stehen die liebenden Familienmitglieder unter einer höheren Führung.
Familienliebe ist Basis aller menschlichen Beziehungen in dieser Welt. Solange wir dieser Liebe Wert beimessen, haben unsere Zuneigungen moralischen Wert. Und da Liebe eine Emotion ist, die auf Zuneigung zu einer Person basiert, ist die Liebe in der Familie eine Liebe der Eltern zu den Kindern und der Kinder zu den Eltern. Was in dieser Liebe wirksam ist, das dehnt sich auch auf die Besucher des Familienumfeldes aus. Dazu gehören Onkel, Tanten, Großeltern, die Freunde der Eltern und die der Kinder. Damit kann sich Liebe immer auf mehrere Personen beziehen. Wäre damit nicht sogar eine Liebe der Menschheit möglich?
Doch leider ist Liebe in der Familie nicht gleich Liebe in der Familie. Das heißt, dass leider oft eine gezwungene, zweckmäßige, von den Verhältnissen geforderte Liebe auch häufig ist. All die Schwächen der Mitglieder einer Familie, insbesondere jene der Eltern – wo man doch Kleinkindern keine Schwächen beimessen kann – sind oft alles andere als liebevoll. Teils aus Angst vor Verlust oder aus unverarbeiteten Aggressionen gegen andere, kommt es in Familien leider auch zu schrecklicher Gewalt. Da Liebe niemals einen Zweck erfüllen kann, kann sie unter solchen Umständen auch nicht entstehen, was oft ignoriert oder vielleicht sogar niemals, als so etwas erkannt wird.
Was Liebe eigentlich bedeutet bleibt auch dann unklar, wenn ein Elternglied dominant ist, während das andere stets nur die Nebenrolle einnimmt – ganz gleich ob selbst gewollt oder unfreiwillig. Aus solch unsicheren Konstellationen des Familienlebens geht eine große Gefährdung aus. Doch das nicht nur für die Kinder. Denn die schrecklichen Nachwirkungen des Hasses und der Gewalt der Kriege, bewegen sich über Generationen hinweg. So ist ein Mangel an Liebe selbst für die Zukunft eines ganzes Volkes relevant! Denn wo Gewalt und Missbrauch hingenommen werden müssen, kann keine Grundlage für Liebe entstehen sondern beginnen allmählich die Dämonen des Elend zu brüten.
Familien sind heute niemals autonom. Sie sind immer von den Werten der Gesellschaft abhängig, in der sie existieren. Den ersten Kontakt zu dieser Gesellschaft findet ein Kind in seiner Familie. Dort wird ihm ein grundlegendes Weltbild vermittelt. Doch das daraus entstehende Denken und Handeln des Kindes, wird ganz wesentlich vom gesellschaftlichen Umfeld mitgeprägt. Ganz gleich ob es nun also besonders geliebt oder ignoriert wird, übernimmt es wie selbstverständlich diese Prägungen in sein eigenes Verhalten. Hier entstehen Veranlagungen und Sichtweisen wie mit Zuneigung und Ablehnung, wie mit Liebe und Missachtung umgegangen wird.
Vor allem im Westen haben sich Familienstrukturen immer wieder verändert. Ein einheitliche Familienmodell gibt es heute darum so gut wie gar nicht mehr. Denn die Formen des Zusammenlebens sind vielfältiger geworden, die traditionelle Familie mit mehreren Kindern eher eine Ausnahme. Darum änderte sich auch die Art der Liebe unter Familienmitgliedern, die oft auch außerhalb der Familie gefunden wird.
Die Familie – Gemälde von Charles W. Hawthorne.
Liebe zum Vaterland
Vaterlandsliebe oder Patriotismus waren mir immer fremd. Meine Vorfahren kamen aus Preußen, Mähren, Turkmenistan und Anatolien – alles Länder und Regionen, die heute entweder anders heißen oder von größeren Staaten einverleibt wurden. Und da ich selbst in Deutschland geboren und aufgewachsen bin, fühlte ich mich zwar zuerst nur als Deutscher – da ich ja in dieser Sprache denke und hier schreibe – doch einen Patriotismus konnte ich nie entwickeln. Vielleicht wäre es anders, trüge ich einen deutschen Namen. Doch selbst wenn erklärtermaßen alle Einwohner Deutschlands einen deutschen Namen trügen, könnte Liebe zum Vaterland dennoch nicht genau definiert werden. Vielleicht ist es eine Ausnahme wenn die Fußball-Nationalelf zur Weltmeisterschaft antritt.
Alles was man lieben kann ist zuerst einmal die Struktur der Bevölkerung. Doch diese ändert sich heute ja ständig. In vielleicht zehn Jahren schon bedeutet Vaterlandsliebe für die Deutschen vor allem Mitgefühl mit den Rentnern, da diese noch viel stärker von den arbeitenden Menschen im Land abhängig sind.
Kulturelle Einflüsse anderer Staaten spielen auch eine wichtige Rolle. Das haben wir in der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte gesehen. Die gesamte Kultur, was und wie man aß, wo Ferien verbrachte, wie Feste gefeiert, welche Wörter für dies und jenes verwendet wurden: All das war in Ost- und Westdeutschland teils ganz verschieden. Selbst wenn die deutsche Wiedervereinigung mehr als 30 Jahre her ist (2023), wird es noch mindestens zwei oder drei Generationen benötigen, bis sich die kulturellen Risse der Vergangenheit schließen und Deutschland zu einer gemeinsamen Kultur zusammengewachsen ist. Doch vielleicht bleibt das nur eine Wunschvorstellung, zumal kulturbildend ja heute nicht alleine mehr die Menschen sind, sondern eine ganz gewaltige, nicht abzuschätzende neue Kraft immer bedeutender wird: Die Künstliche Intelligenz.
Vielleicht werden sich die Staatengefüge insofern aber immer weiter auflösen, da die Strukturen großer Konzerne den Menschen mehr oder weniger aufgezwungen werden. Weniger als Despotismus, als eine alltägliche, fast unmerkliche Steuerung menschlicher Emotionen durch das, was man als Informationstechnologie bezeichnet. Nehmen Sie einem Menschen das Smartphone weg und verbieten sie ihm eine Woche „Soziale Medien“: seine Nationalität ist ihm dann wohl eher egal.
Noch vor 100 Jahren hätte sich niemand überlegen gefühlt, weil er im Besitz einer besonderen Technologie war. Das ist in unserer heutigen „Wer-Hat“-Mentalität ganz anders. Konzerne sind die gegenwärtigen Meinungsbildner. Nur wenige fühlen sich von ihrer Landesregierung repräsentiert.
Also: Liebe zum Vaterland? Was bedeutet „Vaterland“?
Wäre es nicht an der Zeit zuerst einmal das Mutterland wieder zu entdecken?
Was ist mit der Muttersprache die wir lieben könnten oder der Sprache die in diesem Land gesprochen wird? All die Poeten und Denker, die in dieser Sprache geschrieben und gedichtet haben wie Goethe, Schiller, Fichte, Novalis, Hölderlin, Rilke, Heidegger … – pflegten sie nicht ihre Mutter-Sprache?
Vaterlandsliebe, so scheint’s zumindest, ist gar nicht so einfach zu definieren.
Tierliebe
Haustiere können viel zu unserem Wohlbefinden beitragen, sind in der Not für uns da. In der menschlichen Kulturentwicklung spielte vor allem der Hund eine wichtige Rolle. Dieser Verwandte des Wolfs ist seit sehr langer Zeit des Menschen Freund. Er hat ihn in seiner Entwicklung begleitet, ihm Schutz, Liebe und Treue geschenkt. Man denke etwa an den Schäferhund, der die Herde beisammenhält und so in älterer Zeit einen ganz integralen Teil menschlichen Zusammenlebens darstellte. Es mag ein Zufall sein, dass der so bedeutende „Hundsstern“ Sirius, überall auf der Nordhalbkugel kulturell verehrt wurde. Was der Sirius jedoch in der astralen Welt darstellt, das scheint der Hund für den Menschen auf der Erde zu bedeuten.
Auch im Umgang mit Kindern, können Haustiere wie Hunde oder Katzen intuitiv eine wesentliche Rolle einnehmen. Eine der bekanntesten Legenden über dieses, mitunter „pädagogische“ Verhältnis, finden wir in der Gründungssage der italienischen Stadt Rom. Die Stadtgründer Romulus und Remus wurden nach ihrer Geburt als Säuglinge ausgesetzt. Das Schreien der Kinder lockte eine Wölfin an, die sie in ihre Höhle brachte und dort säugte. Ein Specht brachte den Zwillingen zusätzliche Nahrung. So waren es also zwei fürsorgliche Tierwesen, denen wohl später die große Zuneigung und Liebe der beiden legendären Brüder zukommen sollte.
Die Katze war schon im Alten Ägypten ein heiliges Tier, dass man dort als die Göttin Bastet verehrte, als ein Symbol der Liebe.
Liebe zum Schönen
Die Liebe zur Schönheit ist vor allem die Liebe zur Kunst. Musik, Malerei, Bildhauerei, Tanz und Theater sind auf Ebene der Ästhetik alles Formen der Schönheit. Um die Liebe zu Gott und übernatürlichen Gesetzen auszudrücken, gab es in den Kulturen der Welt immer Künstler die die Manifestationen des Göttlichen in ihren Kreationen auszudrücken versuchten. Wie kaum eine andere, wurde die Göttin der Liebe als Inbegriff der Schönheit, in unzähligen Kunstwerken gezeigt. Mal heißt sie Aphrodite, ein andermal Venus oder im alt-germanischen Götterkult ist es die Freya.
Liebe kann aber auch für „schöne“ Werte empfunden werden, die weder sichtbar noch definierbar sind.
Für all jene die in der Gesellschaft ihren Platz gefunden haben, ist Schönheit Gegenstand der Anziehung. Sie lieben das Schöne das sie im Leben umgibt. Es ist jedoch eine unpersönliche Art der Liebe, da sie sich ja auf etwas außerhalb von uns bezieht. Somit kann Liebe auch etwas Unpersönliches sein und bedarf dafür keines persönlichen Objekts.
Zwar war in alter Zeit, verglichen mit heute, die ursprüngliche Auffassung von Schönheit nur sehr dürftig. Es war den alten Menschen aber wichtig etwas schön zu finden. Doch solch Sehnsucht und Liebe nach dem Schönen musste sich da einer erst erringen, was ja auf eines der Urprinzipien des Liebens hindeutet.
Natürlich ist auch Naturverehrung eine Form der Liebe zum Schönen. Wer die Natur und ihre Vorgänge verehrt, weiß ihre Gesetze und Formen zu würdigen. Dichter der Romantik wie Friedrich Schiller, Maler wie Caspar David Friedrich oder Musiker wie Antonio Vivaldi haben das in ihren Werken zum Ausdruck gebracht.
Liebe und Opferbereitschaft
Der christliche „Sohn Gottes“, der brutal ans Kreuz geschlagen wurde, war seither das Symbol für das Opfer, das er zur Vergebung der Sünden der Menschheit erbrachte. Wie uns die christliche Lehre vermittelt, sollte sein Opfer den Misszustand der Ignoranz durch Liebe aufwiegen.
Das Opfer, das die Liebe bringt,
Es ist das teuerste von allen;
Doch wer sein Eigenstes bezwingt,
Dem ist das schönste Los gefallen.
– Johann Wolfgang von Goethe
Was aus der christlichen Symbolik des Leidensweges und der Kreuzigung Christi im Laufe der darauf folgenden Jahrhunderte zum Weltereignis wuchs, war des Messias‘ besondere Form der Liebe zu den Menschen, als eben der durch Gott in die Welt eingeborenen Sohn. Doch schon tausend Jahre nach dieser heiligen Entwicklung schienen Opfer nicht mehr im Selbst eines Menschen, sondern durch andere im Zwang erbracht werden zu müssen. Auch wenn diese Thematik natürlich weit vielschichtiger ist, als man sie hier in einigen Sätzen hätte zusammenfassen können, steht das Christus-Ereignis von seinem Beginn bis zu seinem Ende, als eine universale Allegorie dafür, was die Voraussetzung des Opfers zum Entstehen von Liebe meint. Es war eine absolute Form des Opfers, die sich aber auf alltägliche Formen des Erbringens von Opfern relativieren lässt. Denn Opfer und Liebe finden wir auch dort, wo wir uns oder andere als Liebes- und Ehepaare erfahren. Wo man des Einklangs willen manchmal dem Gegenüber seine Schwäche einzuräumen vermag und damit über ein Missverhalten einfach hinwegsieht: Auch da geht es um solch ein Erbringen, dass in einer Partnerschaft Liebesempfindungen freisetzt.
Quanyin – die Göttin des Mitgefühls
Göttliche Verkörperungen des Mitgefühls
In Ostasien ist Quanyin (auch: „Kuan Yin“ oder „Guanyin“) Göttin des unendlichen Mitgefühls für alle Lebewesen. Sie ist die chinesische Variante des Boddhisattva Avalokiteshvara aus dem Mahayana-Buddhismus – dem gnadenvollen Buddha der von Gläubigen durch die Formel „Om Mani Padme Hung“ angerufen wird.
Quanyin verschrieb ihre Existenz dem Dienst an der Menschheit. Solange sie nicht jedes andere Lebewesen erlösen, und mit sich von dieser Welt nehmen konnte, solange konnten die lebenden Wesen nicht aus dem Kreislauf des Leidens erlöst werden. Wer darum im Sinne Quanyins handelt, der wird seinen Frieden anderen Menschen zu Liebe aufopfern. Eigentlich ist das der Punkt im dem wahre Liebe beginnt – auf der Ebene bedingungsloser Hingabe.
Wenn Liebe kommt, teilt sie uns mit was zu tun ist. Erfüllung und Glück finden wir im Dienste höherer Werte. Solange wir diese höheren Werte der Liebe nicht erfahren, verstehen wir auch nicht was Liebe wirklich bedeutet.
Eine andere wichtige Gestalt ist der erwartete große Weltlehrer Buddha Maitreya. Sein Name stammt aus dem Sanskrit (maitri) und steht für die universale Liebe, Güte und Freundschaft zu den Wesen des Seins. Buddhistischen Quellen zufolge soll Maitreya um das Jahr 3.500 auf der Erde erscheinen. Dieses Datum entspricht in etwa dem Datum das auch Rudolf Steiner für den Beginn der sechsten nachatlantische Kulturepoche genannt hat. Dann soll das Böse zugrunde gerichtet und der Egoismus endgültig überwunden worden sein. Andere aber sagen, dass wir unmittelbar vor diesem großen Ereignis stehen.
Auf Liebe beharren
Wenn es um das Konzept einer kosmischen Liebe geht, denken wir im Westen vielleicht an den Christus der sich in einem kosmischen Zusammenhang verkörpert. Was damit gemeint ist, darüber gibt uns das Johannes-Evangelium Auskunft:
Welcher nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe (Agape), die Gott zu uns hat. Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Darin ist die Liebe völlig bei uns, dass wir eine Freudigkeit haben am Tage des Gerichts; denn gleichwie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe. Lasset uns ihn lieben; denn er hat uns zuerst geliebt. So jemand spricht: „Ich liebe Gott“, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.
– 1. Johannes 4:15-21
Sollten wir uns also nicht eher zu den Menschen führen lassen durch Zuneigung und Liebe? Schließlich existieren wir alle wegen dieser einen Liebe. Nur befindet sich ihr Geheimnis jenseits unseres Verstehens.
Wir bringen Kinder auf die Welt um sie zu lieben, ihnen dabei zu helfen ihre Ziele zu erreichen, zu wachsen und ihre Bestimmung zu erfüllen. Kinder sind nicht unser Besitz, den wir unseren Wünschen gemäß formen. Unsere Kinder sind Menschen die es zu beschützen gilt, bevor wir sie hinaus gehen lassen in die Welt. Wir entlassen unsere Kinder ins Leben zur Erfüllung ihres Selbst. Alles sollte darum getan werden, das ihr Leben so reich und vornehm wie möglich gestaltet wird, bevor sie sich auf ihre individuelle Lebensreise begeben. Wenn aber diese wertvollen Eigenschaften von Mensch zu Mensch weitergegeben werden, warum wird das Wort Liebe dann so oft falsch verstanden? Vielleicht überschattet der Eigennutz des modernen Menschen viele seiner Emotionen. Jeder versucht sich gegen jene zu schützen, die sich boshaft gegen ihn wenden. Er neigt dazu Übles mit Üblem zu vergelten. Wie soll so aber die Unfreundlichkeit gegenüber anderen jemals ein Ende nehmen? Wichtig ist welche unserer Emotionen als Mittel zur Verständigung mit anderen dienen. Wer das herausgefunden hat, der wird zur Bedeutung wahrer Zuneigung und Liebe finden.