Wenn wir uns in der Geschichte zurückbewegen in jene Zeit wo die ersten Menschen im alten Zweistromland siedelten, so finden wir hier die Ursprünge von Landwirtschaft und Viehzucht, die sich anscheinend von dort über die gesamte alte Welt ausbreiteten. Insbesondere aber für die Bedeutung der Kulturentwicklung im Westen, war diese Entwicklung maßgeblich.
Vor 12000 Jahren
Vor dieser Zeit lebten die Menschen allein als umherziehende Nomaden, die Jagd betrieben und Nahrung in Form von Früchten und Pflanzenwurzeln sammelten. Um 10000 v. Chr. aber ereignete sich etwas Sonderbares: Plötzlich begann man Vieh zu halten und Äcker zu bepflanzen. Wer aber Felder besät, muss sich in ihrer Nähe aufhalten. Denn wer nach der Aussaat sich auf Wanderung begäbe und erst nach einer gewissen Zeit zurückkehrte, um zu ernten, dem wären hungrige Vögel und andere Tiere bereits zuvor gekommen.
Landwirtschaft zwang die Menschen also in die Sesshaftigkeit, denn die Äcker wollten bestellt werden. Das heißt, man muss sie in Ordnung halten, den Boden düngen und für Bewässerung sorgen, Unkraut jäten, Schädlinge entfernen und wilde Tiere davon abhalten das Erntegut zu abzufressen.
Aus dieser kulturtechnisch ergebenen Sesshaftigkeit, entwickelte sich im Laufe der Jahrtausende dann das, was man heute als die Wirtschaft bezeichnet. Sie basierte anfangs auf reinem Tauschgeschäft. Mit der Erfindung der Zahlen und dann der Buchstaben, ergab sich die Grundlage für eine abstraktere Ebene des Handels, was zur Entwicklung des Geldes führte.
Mit der Sesshaftigkeit auf jeden Fall, ging ein schneller Zuwachs der Bevölkerung einher. Und damit sahen sich die Menschen mit vollkommen neuen Herausforderungen konfrontiert. Denn wo viele Menschen in Gemeinschaft wohnen, muss eine gewisse Ordnung herrschen, damit das Zusammenleben auch sinnvoll funktionieren kann.
Es entwickelten sich also die Zünfte, denn für jede Sache benötigte man Fachleute, die sich um bestimmte Aufgaben in der Gemeinschaft kümmerten. Manche davon mögen die Äcker gedüngt haben, andere trieben Handel mit den produzierten Waren, die sich zu Beginn der Städtekulturen aber insbesondere auf landwirtschaftliche Produkte beschränkten und die man mit anderen Kulturzentren tauschte.
Je größer aber eine Gemeinde wurde, desto eher tendierten die Mitglieder dazu eine Herrscherklasse als Regenten einzusetzen. In deren Verantwortung stand die Ausgestaltung von Regeln, deren Durchsetzung und Einhaltung den Mitgliedern einer Siedlung oblag. Das war die Geburt der ersten Stadtstaaten.
Um das Zusammenleben tragfähig zu gestalten, ordnete man die Gesellschaft der Siedlung in vier Kasten:
- An der Spitze saßen die Regenten.
- die Priester, die die Verbindung zum Himmlischen aufrecht erhielten, sich der Fragen der Menschen annahmen, hinsichtlich ihrer Traumgesichte, der Mythen und der Kenntnisse der geistigen Welt, waren auch für die Weihe der Regenten verantwortlich.
- Händler und Kaufleute sorgten für die Verteilung von Gütern in den ersten Staaten.
- Bauern und Viehzüchter, lieferten Nahrungsmittel und Rohstoffe, die die Siedler zum Leben brauchten.
Alle von ihnen aber dienten dem selben Mittelpunkt und das war das Zentrum der Stadt. Siedlungen und Äcker der ersten Städte, waren in einem kreisförmigen Muster um das Stadtzentrum angeordnet. Was sich dort im Mittelpunkt befand, dürfte von Stadt zu Stadt natürlich unterschiedlich gewesen sein, doch mehr oder minder war es immer ein besonderes Heiligtum, das man in den Anfängen, dort als großen Stein oder Fels aufstellte oder als Baum pflanzte.
Die historische Stadt Çatalhöyük in Anatolien: Weltweit älteste Ausgrabungsstätte einer alten Siedlung aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. (Çatalhöyük, Foto von Omar Hoftun, CC BY-SA 3.0)
Vor 10000 Jahren – Zwei Entwicklungslinien: Matriarchal und Patriarchal
Man siedelte in alter Zeit meist an Flussläufen oder in den Tälern der Hochgebirge. Wo sich Getreide züchten ließ, betrieb man Landwirtschaft. In weiten Weideländern aber hielt die Hirtenvölker ihr Vieh, die damit das alte Nomadentum beibehielten.
Ab etwa zwischen dem 8. und 7. Jahrtausend v. Chr., ereignete sich eine Trennung der Geschlechterdominanz in den ersten Gemeinschaften. Die nomadisch lebenden, viehzüchtenden Menschen waren männlich geprägt. Man war hier darauf bedacht, die eigene Herde zu schützen, sie zusammenzuhalten und gegen fremde Herden abzuwehren. Insbesondere mit dem Töten oder Schlachten der Tiere, formte sich in patriarchal-nomadisch geprägten Gesellschaften ein Kriegertum.
Mühsamer dagegen war anfänglich die Arbeit im Ackerbau, die natürlich ganz eng an die Erde gebunden ist. Und dieses Element ist dem Matriarchat zuzuordnen. Denn die Mutter bringt Leben hervor, so wie die Äcker das gepflanzte Getreide. In dieser Form der Landwirtschaft dominierte anfänglich also das Weibliche.
Vor 8000 Jahren – Drei Volksgruppen im Nahen Osten
Wo man Landwirtschaft betrieb, lebten die Menschen oft in den Flussgebieten und in den Tälern der Hochebenen. Ihnen war die Erde heilig und so verehrte man Gottheiten, die Sinnbilder einer Weltenmutter waren.
Die anderen beiden Volksgruppen bildeten zwei große Hirtengemeinschaften:
- Eine nördlichere Gruppierung bildeten die Indoeuropäer, die sich von südlich des nördlichen Polarkreises, hin über die Nordhalbkugel ausbreiteten. Sie hielten Rinder und domestizierten später auch das Pferd. Das Pferd natürlich brachte diesen Menschen eine militärische Überlegenheit gegenüber anderen Völkern.
- Die andere Gruppierung lebte in den syrisch-arabischen Wüsten, die sich von oberhalb des nördlichen Wendekreises hin über die Nordhalbkugel ausbreiteten. Aus ihnen gingen die Völker der Semiten hervor. Diese Nomaden lebten insbesondere als Schaft- und Ziegenhirten, die später das Kamel domestizierten, dass dann, wie bei den Indoeuropäern das Pferd, auch hier in Kriegsszenarien eingesetzt wurde.
Sowohl die Nomaden des Nordens, wie auch diejenigen, die als Semiten in den alten syrischen und arabischen Wüsten lebten, versuchten allmählich die sesshaften, matriarchal geprägten, eher friedlich zusammenlebenden Gemeinschaften immer mehr zu verdrängen. Im 6. Jahrtausend v. Chr. begann man darum in sesshaften Gemeinschaften, Siedlungen einzuzäunen und Mauern zu errichten, um sich vor den nomadischen Völkern zu schützen. Denn sowohl Indoeuropäer, wie auch die Semiten, waren recht unbarmherzige Krieger.
Bronzekopf des alt-semitischen Königs in Mesopotamien: Sargon von Akkad (2356-2300 v. Chr.). Die Beschädigung an der Augenpartie erfolgte bereits in historischer Zeit.
Vor 4000 Jahren – Wachsender Einfluss der Kriegerkaste
Ab einem gewissen Zeitpunkt, entwickelten sich die Gemeinschaften der maskulin geprägten Hirtenvölker zu Herrschern über die Siedler der Ackerbaukulturen.
Um 2300 v. Chr. tauchte dann ein Name auf, mit dem eine neue Ära in der Geschichte Mesopotamiens beginnt: der semitische Monarch Sargon von Akkad, der mit seinen Gefährten aus westlichen Ländern kam. Dann im 2. Jahrtausend v. Chr. erbauten die Sumerer die großen Zikkurat-Bauwerke, zu denen man auch den berühmten, in der Bibel erwähnten Turm zu Babel zählen könnte.
Damit ereignete sich gewissermaßen eine Erneuerung der gesamten westlichen Zivilisation. Das war auch die Zeit des großen Priesterkönigs Gudea von Lagaš (siehe Bild, ganz oben), Herrscher über die Reiche von Sumer und Akkad. Damals entstanden viele wichtige sumerischen Texte, die diesen uralten Wandel der westlichen Menschheit dokumentieren.
Das war auch die Zeit, als zum ersten Mal das Symboltier der gehörnten Schlange auftaucht. Auf der sogenannten »Vase des Gudea von Lagaš«, erscheint dieses Bild auf einem sumerischen Rollsiegel. Man sieht darauf jene ineinander umschlungenen, sich nach oben windenden Reptilien, die später anderen Göttern wie Hermes, Asklepios aber auch dem jüdischen Propheten Moses als Attribute dienten.
In der Zeit um 1750 v. Chr. entsteht das heute älteste bekannte Epos über den alt-babylonischen König von Uruk, den sagenumwobenen Gilgamesch. Das Gilgamesch-Epos stammt aus einer Zeit, wo einst auch Abraham mit seiner Frau zu einer großen Wanderung aufbrach, was darum als Geburtsstunde des jüdischen Volkes angesehen werden kann.
Vor 3000 Jahren – Entstehung einer Sternen-Religion
Das Zentrum der alten Siedlungen und ersten Städte, bildete wie bereit angedeutet, zuerst ein aufgerichteter Felsen oder ein Baum. Später wurde dieser aber durch einen Tempel ersetzt. Auch in kleineren Städten Europas, hat sich über die Jahrtausende hinweg dieser uralte Brauch erhalten. Denn noch heute befindet sich der Marktplatz dort, wo sich auch die Kirche im Zentrum des Ortes befindet.
Es war immer die Kunde vom rechten Glauben, an den alle gemeinschaftlichen Werte geknüpft waren. Und das war die Aufgabe der Priesterklasse. Sie auch waren jene, die die Schrift und die Zahlensymbole systematisierten. Natürlich verwendete man diese Symbole zuerst, um wirtschaftliche Ein- und Ausgänge zu notieren, doch später auch, um die beobachteten Bewegungen der Himmelskörper zu dokumentieren.
Solche Himmelsbeobachtungen bildeten dann also die Grundlage für die kulturelle Einwicklung einer Gesellschaft – wobei hier das Wort »Kultur« in seinem ursprünglichen Sinne zu verstehen ist, nämlich dem lateinischen cultura entsprechend: dem Ackerbau. Die Priesterschaft verfügte über ein Wissen, von dem man die Zeiten für die Aussaat ableiten konnte. Im alten Ägypten später, war etwa auch, der sich einmal jährlich ereignende Aufgang des Sirius, kurz vor Sonnenaufgang, von essentieller Bedeutung, denn dieses Ereignis zeigte an, dass der Nil sein Hochwasser führt und damit fruchtbarer Schlamm über die Äcker schwemmte. Kenntnisse dieser Vorgänge, wo von den Himmelsbewegungen abgeleitet wurde, wie sich das Agrarjahr entwickelt, besaß damals ausschließlich die Priesterkaste.
Nun waren insbesondere die klassischen Planeten von Relevanz. Denn während sie sich durch den himmlischen Tierkreis bewegen, bringen sie gewisse störende Einflüsse in den Lauf der sogenannten »Sphärenharmonie«. In dieser Erkenntnis fing man damit an, planetarische Einflüsse anhand mathematischer Formeln ganz genau zu berechnen, um sie in Zukunft vorhersagen zu können.
In dieser Entwicklung der Astronomie, kam es zu einer vollständigen Umformung der alten Mythen und Legenden, über die Götter und ihre Gesandten – wozu im alten Ägypten etwa der Gott Osiris, die Göttin Isis und ihr Sohn Horus zählten, oder bei den alten Griechen Dionysos als Sohn des Himmelsvaters Zeus eine Rolle spielte. Das Wichtige in dieser, man könnte fast schon sagen, »revolutionären religiösen Entwicklung« war, dass sich die Menschen von den irdischen Kulten allmählich lösten und ihren Gottesglauben neu auf das Himmlisch ausrichteten. Denn in den noch matriarchal geprägten Kulten, in den Jahrtausenden zuvor, galten besondere Tiere oder Bäume als verehrungswürdige Objekte oder es waren bestimmte, sogenannte »Kraftorte«, an die sich die Menschen begaben, um dort ihrer Gottheit zu huldigen. Jene Kraftorte, wurden später dann immer mehr in die Himmelskulte integriert, so dass sie zum spirituellen Bindeglied zwischen der irdischen und der himmlischen Welt fungieren konnten.
Die Vorstellung einer kosmischen Ordnung aber, führte die Menschen von der irdisch bezogenen Gottesvorstellung zu etwas vollkommen Neuem: Die Gottheit befand sich als Lenker der Gestirne und der damit zusammenhängenden Vorgänge im Jahreslauf, außerhalb des Erdkreises, jenseits und unerreichbar für den Menschen im Himmel. Alle von da an entstandenen Hochkulturen, beugten sich damit einem übergeordneten, kosmischen System der Spiritualität. Doch diese Spiritualität war nicht etwa nur ein geistiges Konstrukt, sondern hing direkt zusammen mit dem Vorgehen der landwirtschaftlich geprägten Kulturen ebenso, wie mit den Bewegungen der nomadisch lebenden Völker. Es war eben die Kenntnis über die Bewegungen der Himmelslichter, die den alten Kulturen half, ihre Ernährungsgrundlage daran ablesbar zu steuern.
Hieraus bildete sich eine grundlegende, allen Hochkulturen ähnliche Mythologie. Am täglichen und jährlichen Verlauf der Sonnenbewegung, an den monatlichen Phasen des Mondes und mit dem Verschwinden und der Wiederkehr des Planeten Venus (sowie der anderen Planeten): davon wussten die Hohepriester die natürliche Entwicklung auf der Erde abzuleiten.
Die Wirkung der Himmelsmächte, die die Priesterschaft genau vorherzusagen gelernt hatte, erhielt damit eine enorme Wirkung für das Zusammenleben der Menschen einer Kultur.