Illustration: Augustus Knapp

Über das Wesen des Freimaurertums

Religionen sind durch die Gottheit inspirierte moralische Kodizes. Das Freimaurertum ist zwar keine Religion, doch im Grunde ist es zutiefst religiös. Viele Freimaurer-Legenden – wie etwa die vom Bau des Salomonischen Tempels – sind heilige Allegorien die in engem Verhältnis zur Religion stehen.

Ein religiöser Mensch ist jemand der sein Leben nach bestimmten Verhaltensregeln ausrichtet und im Rahmen seiner Religion zunächst sein eigenes, später auch das Leben seiner Mitmenschen zu „veredeln“ versucht. Darin liegt die Quelle seiner Erleuchtung. Wir könnten sagen, dass ein Christ seine heiligen Ideale durch die Botschaft Christi empfängt, während ein Muslim sein Leben nach den Offenbarungen des heiligen Koran, ein Buddhist auf die moralischen Lehren des Gautama Buddha ausrichtet. Alle religiösen Lehren versuchen jedoch gleichermaßen den heiligen Lebensfunken im Menschen zu bewahren. Religionen die diesen unsichtbaren Bestandteil ignorieren, konzentrieren sich ausschließlich auf die materielle Welt. Religion bewahrt ein besonderes Gleichgewicht indem sich der Materialist, wie auch der Spiritualist auf der Ebene von Logik und Vernunft begegnen. Wissenschaft und Glaube sind letztendlich zwei Seiten einer selben Wahrheit. Doch solange kein Frieden in der Welt herrscht, werden die Menschen niemals den wahren Nutzen ihres Forschens erkennen. Erst wenn alle Menschen zusammen das selbe Ziel verfolgen, nämlich das „Große Werk“ zu vollbringen, dann werden sie ihr dreidimensionalen Denkens verlassen – etwas das sie in einem Kerker aus Ignoranz, Aberglauben und Angst gefangen hält. Nur aus dem Selbst heraus inspiriert, kann der Mensch sich selbst erkennen. Dabei ist Gott das Selbst aller Dinge und ist im wahrsten Sinne des Wortes „Inspiration“ – Begeisterung. Im Evangelium des Johannes (1:1,14) steht:

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. […] Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit […] voller Gnade und Wahrheit.“

Aufgabe des Menschen ist es, sein Fleisch in diesem Wort zu läutern, so dass das Wort in seiner Seele ertönt, und in seinem Körper die Herrlichkeit der göttlichen Gnade wiederspiegelt und es auf diese Weise verherrlicht werden kann. Aus dieser Lebensaufgabe entstand der Wunsch nach Religion. Nicht ein einziger Glaube allein, jedoch viele verschiedene Glaubensbekenntnisse, von dem jedes versucht den Bedürfnissen seiner Gläubigen individuell Beachtung zu schenken.

Es gibt 12 Freimaurergesellen, die die vier Richtungen des Kompass erkunden. Und es sind diese 12 Gesellen, die die 12 großen Weltreligionen verkörpern, von denen jede ihren eigenen Weg geht, auf der Suche nach dem verlorenen Wissen der Vergangenheit? Ist diese Queste nicht das Geburtsrecht eines jeden Menschen?

In einer von vielen Illusionen erfüllten Welt, befindet sich der Mensch auf der Suche nach dem wahren Wesen der Dinge.

Illustration: Augustus Knapp

Dieses Ungleichgewicht auf unserem Planeten sollten die Menschen wieder in Balance bringen.
Es geht darum die Ruhe im Ruhelosen zu finden und alle Illusionen zu entlarven. Töten wir also den Drachen unserer eigenen Tiernatur. Das ist eine Aufgabe die jeder Mensch für sich selbst erfüllen sollte.

So wie König David von Israel seinem Sohn Solomon die Pflichten übergab, die er selbst nicht mehr erfüllen konnte, so gibt jede Generation der nächsten die Aufgaben, jenen mystischen Tempel auf dem Berg Moriah im Namen des Herrn wieder zu errichten.

Die Wahrheit bleibt ewig bestehen; nach ihr sollen wir suchen, sie sollen wir zu erkennen trachten. Die Realität dieser Wahrheit ist allgegenwärtig – ohne Dimension, doch überall vorherrschend. Nur mit Entschlossenheit kann es dem weisen Menschen gelingen seine Wünsche und Leidenschaften zu läutern. Doch dies gelingt ihm nur, wenn er das kennenlernt, was er noch nicht in sich trägt. Sobald er neue Charaktereigenschaften in sich entdeckt, erkennt er dass etwas in ihm geboren wird, das er in sich vorher nicht besaß.
Erst nach langen Jahren des Kummers und des Leids beginnt sich der Schleier zu lüften, der des Menschen Sicht verhüllt. Dann kann er deutlich erkennen was der Plan seines Lebens ist.

Der Mensch wird mit seinen Sinnen geboren, doch erst nachdem er in seinem Streben nach Erkenntnis, all die Erfahrungen machte und die vielen Niederlagen im Leben erleiden musste, werden seine Sinne soweit veredelt, das er sie als Gaben im Tempel der Wahrheit seinem großen, himmlischen Vater der Weltschöpfung opfert – denn nur er vollbringt die großen Werke mit göttlichem Verstand.

Die Freimaurer sagen, dass der Mensch mit der Sünde der Ignoranz geboren wird. Doch vermag der Mensch zu verstehen und Weisheit zu erlangen. Er besitzt ein Herz zum Fühlen und Hände die daran arbeiten, dass diese Welt ein besserer Ort wird. Er macht aus dem unförmigen Felsen einen perfekten Kubus.

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