Die Macht der Gewohnheit wird immer dann zur Ohnmacht, wenn sich etwas ereignet, dass nicht dem Alltäglichen entspricht. Doch was hilft’s? Wenn etwas Unerwartetes passiert, dass uns vor Schwierigkeiten stellt, bleibt uns nichts anderes übrig als uns ihnen zu stellen. Aller Jammer wäre nur vertane Zeit.
Doch für diese Herausforderung benötigt es ein gewisses Maß an Kraft. Woher aber nehmen wir sie, wenn sie uns eigentlich nicht zur Verfügung steht?
Zu erst einmal sollte uns klar sein: Wenn wir im Leben plötzlich mit Problemen konfrontiert werden, bleibt uns erst einmal nichts anderes, als nur Ruhe zu bewahren, denn die meiste Energie frisst, sich dem problematischen Zustand zu widersetzen. Es ist wie es ist.
Ganz gleich ob uns die Diagnose eines Arztes oder etwa der Verlust eines lieben Menschen trifft oder uns eine heikle Angelegenheit zu schaffen macht: Der erste vernünftige Schritt wäre wohl zu sagen: »Ja, dass ist mein Problem.«
Erst in der Annahme dessen was uns Kopfschmerz bereitet, steuern wir zu auf den Weg der Bewältigung des Selben. Natürlich kommt es darauf an, welches Maß an Heftigkeit uns konfrontiert und wie kurzfristig wir von günstigen Auswegen erfahren.
Es ist aber insbesondere die Gewohnheit, die uns entsprechend heftig oder gelassen reagieren lässt, auf plötzlich auftretende Ärgernisse oder Gefahren.
Ein gesunder Pragmatismus ist immer angebracht. Denn was nützt es schon, sich über etwas zu ärgern, an dem man nichts ändern kann? Es raubt uns die Kraft, die wir eigentlich bräuchten, um den ersten vernünftigen Schritt in Richtung Problemlösung zu gehen.
Nomaden, die kaum andere Möglichkeiten haben als die gegebenen, müssen stets flexibel und einfallsreich bleiben. Wenn sie ein echtes Problem in Atem hält, dann nicht weil sie sich darüber ärgern, sondern weil sie in ihrem direkten Handeln zur Lösung finden. Rein pragmatisches Vorgehen sollte stets vorgezogen werden.
Dennoch ärgert man sich hierzulande bereits über eine Zug- oder Flugzeugverspätung. Der Komplettausfall geht den meisten schon echt zu weit. Da wird geflucht und geschimpft, und wie man glaubt, das mit gutem Recht. Man klagt und sucht Mittel und Wege nach Entschädigung. Aber natürlich! Wenn man Geld dafür bezahlt hat, sollte man sich darum kümmern. Was aber wenn der Aufwand und der Stress unproportional groß ausfällt, im Verhältnis zum Nutzen? Wäre es nicht klüger man ließe gleich ab von jeglichem Ärger und würde die Dinge so annehmen wie sie eigentlich sind und aus dieser Haltung heraus vernünftig handeln?
Freiheit der Wahl: Eigentliche Knechtschaft?
Unsere Freiheit der Wahl scheint eine nicht unerhebliche Rolle beim Umgang mit Problemen und Schicksalsschlägen zu spielen. Denn wir haben uns schlicht daran gewöhnt, dass Alternativen existieren, auf die wir andernfalls zurückgreifen können. Doch mal ganz ehrlich: Wer schon macht Gebrauch von seinen vielen Auswahlmöglichkeiten? Denn in Wirklichkeit mündet Freiheit der Wahl in eine Krise der Unentschlossenheit.
Wem sich nur wenige Auswahlmöglichkeiten bieten, wer muss sich da noch lange entscheiden? Hat man gar nur eine Chance, zählt einzig und allein die Tat. Tun macht Sorgen, Ängste und Ärger überflüssig.
Verliert ein einsamer Ruderer auf offener See sein Paddel, wird er alles dafür tun, es im wahrsten Sinne des Wortes in den Griff zu bekommen. Denn je länger er sich darüber beklagte, desto sicherer wäre er verloren.
Ist es darum nicht sehr klug, wir tragen ungünstige Ereignisse mit Fassung?
Wer sich durch Schwierigkeiten aus der Bahn seiner Handlungsmöglichkeiten werfen lässt, muss erst wieder einen Weg finden, um zurück auf die Spur zu kommen. Da ist es doch sicher gescheiter, man bleibt stets gelassen und handelt sofort, ohne dass das Ego das Ruder übernimmt.