Wenn vor 2000 Jahren das Sternbild der Plejaden, kurz vor Sonnenaufgang am Morgenhimmel aufleuchtete, zeigte das den Beginn des keltischen Jahres an: man feierte Beltane. So wie das winterliche Samhain ein Fest des Todes und der Ahnen war, so war Beltane ein Fest des Lebens und der Fruchtbarkeit.
Wahrscheinlich stammt der Name Beltane von Belenos, dem alt-irischen Sonnengott, der seinerseits das Wort bel trägt: »Helles Feuer«. Dieses Fest des Lichts war für die Kelten sehr wichtig. Die letzten Reste des Winters trieb man mit magischen Ritualen aus, verbannte sie in den Freudenflammen des Beltanefeuers. So sollte dem Sommer zum endgültigen Durchbruch verholfen werden. Im Feuer sah man den »kleinen Bruder« des großen, himmlischen Sonnenfeuers.
Beltane war seit alter Zeit ein rauschendes Freudenfest. Man muss wissen, dass die Menschen damals vor dem Winter Angst hatten, denn es war eine gefährliche Jahreszeit, geprägt von Kälte, Hunger, Krankheit und Tod. Umso mehr freute man sich über die Kraft der lebenspendenden Sonne, in einer Zeit wo die Bäume grünten und Blumen blühten. Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen, um den 1. Mai, waren Grund zur Freude – man hatte den grau(sam)en Winter überlebt!
Das Sternbild der Plejaden spielt seit der Antike eine wichtige Rolle in der Menschheitskultur. Die Sumerer nannten die Plejaden die »Siebengottheit der großen Götter«. Diese Siebenheit wurde später von den Griechen übernommen. Einer der Plejaden, der Nymphe Maia, verdankt der Wonnemonat Mai seinen Namen.
Kalendarisch befindet sich das Beltane-Fest zwischen der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche (22. März) und der Sommersonnenwende (21. Juni). Es ist eine Zeit wo sich die Natur am stärksten entwickelt und auch im Erdgrund die wässrigen Nährsäfte rauschen.
In dieser Zeit vermählen sich Himmel und Erde, das Sonnenlicht mit dem Wasser der Erde, deren Kinder die Blätter und Blüten der Pflanzen sind. Gott und Göttin vereinten sich, für das neue Wachstum in der Natur. Beltane war für die alten Kelten auch ein Fest des Chaos und der »wilden Energie«, wo sich Mann und Frau, nach Vorbild der Götter, in heißer Liebe vereinigten. Diese »Heilige Hochzeit« der Natur, übertrugen die alten Druiden auch auf ihre Herrscher. Wie der alte Mythos von Avalon erzählt, war es an Beltane, als sich der junge König Artus zu Mitternacht mit der Zauberin Morgan La Fey vereinte (mehr dazu in den Büchern von Johan von Kirschner: Das mythische Avalon, Lehrbuch der esoterischen Erdkunde). Doch dazu musste er erst seine wahre Stärke unter Beweis stellen. Er ging zu Beltane in den Wald und sollte dort einen Hirsch finden und einfangen. Der Hirsch ist ein Symbol des männlichen, solaren Geistes. Bis heute kennt man in vielen Gegenden Europas sogenannte »Hirschwiesen«, die auf dieses uralte Ritual hinweisen.
Walpurgisnacht
Traditionell gilt die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai als »Hexensabbat«. Da feiern die Druden ein großes Fest, vor allem auf dem Blocksberg (dem Brocken im Harz), wie auch andernorts. Der Titel dieser magischen Nacht stammt von der Maikönigin Walpurga, einer einst heidnischen Göttin. Ihr Wesen wurde später vom Christentum einverleibt. Die Heilige Walburga (710-779) war einst benediktinische Äbtissin des Klosters Heidenheim (Heiden-Heim!), einem Doppelkoster für Männer und Frauen. In diesem Zusammenhang ist äußerst skuril, dass vor der Christianisierung des Beltane-Brauchs, sich zur Walpurgisnacht eine heilige Priesterschaft traft, und einen Priester und Priesterin auserwählten, die in einer Heiligen Hochzeit den Nachfolger ihres Standes zeugen sollten.
Der Name Walpurga ist eindeutig germanisch und bedeutet soviel wie »wehrhafte Burg« (wala burg). Das wala oder wal ist auch im Wort walus enthalten, dem Namen für einen Stock, (Besen)Stiel oder Stab (das Wort wal ist auch Bestandteil der Namen »Walküren« oder »Walhall«). Es könnte auch gut sein, dass eine etymologische Verwandtschaft besteht zwischen den Wörtern wal, Stab, und bel, Feuer. Nicht zufällig symbolisieren die Stäbe im Tarot das Feuer!
Es trägt der Besen, trägt der Stock
Die Gabel trägt, es trägt der Bock
Wer heute sich nicht heben kann
Ist ewig ein verlorner Mann.
– Goethe, Faust I, Walpurgisnacht
Hexentanz
An vielen Orten Europas gibt es alte Hexentanzplätze. Goethe beschreibt in seinem Faust den Brocken im Harz als solchen Tanzplatz. Ein ganzes Kapitel widmete er der Walpurigsnacht. Dort auf dem Brocken feierten die Hexen mit dem Teufel ein orgiastisches Fest. Von überall her kamen sie auf ihren Besen herbeigeflogen, während im Frühlingsrausch die wilde Menge den Berg empor kreiste.
Mephistopheles:
Hörst du Stimmen in der Höhe?
In der Ferne, in der Nähe?
Ja, den ganzen Berg entlang Strömt ein wütender Zaubergesang!
Faust:
Du Geist des Widerspruchs! Nur zu! du magst mich führen.
Ich denke doch, das war recht klug gemacht:
Zum Brocken wandeln wir in der Walpurgisnacht,
Um uns beliebig nun hieselbst zu isolieren.
Mephistopheles:
Da sieh nur, welche bunten Flammen!
Es ist ein muntrer Klub beisammen.
Im Kleinen ist man nicht allein.
– Goethe, Faust I, Walpurgisnacht
Das Symbol des Maibaums
In alter Zeit war es Brauch zum 1. Mai im Garten einen Baum aufzustellen. Noch heute ist dieser Brauch erhalten, doch werden Maibäume fast nur noch an besonderen Plätzen aufgestellt. Vor dem Aufstellen wird der Maibaum festlich geschmückt und bekommt einen Kranz, der aus frischen Weiden und Birken gebunden wird, in den viele Frühlingsblumen eingeflochten sind. Mancherorts erhält der Maibaum auch bunte Bänder, die in einer besonderen Zeremonie schräg um den Stamm gewickelt werden.
Ganz klar symbolisiert der Maibaum einen Phallus, der in die Leben gebärende Erde gerammt wurde: Ein Symbol der Götterhochzeit. Dieses Symbol war damals von größter Wichtigkeit im bäuerlichen Leben, wo der Maibaum für die lebensweckenden Kräfte des Himmels (Sonne, Regen, Blitz) stand. Der Kranz an der Spitze des Baumes war hingegen Symbol einer Vulva, wo die eingeflochtenen Blüten der Heilpflanzen standen: Symbole für neues Leben und Gesundheit.
Johannes Praetorius: Bloks Bergs Verrichtung (1668).
Beltane heute
Wie es scheint, konnte die Kirche das heidnische Fest bis heute nicht vollständig ausrotten. Noch immer scheinen die Hexen in der Walpurgisnacht um »Blocksberg« (der Brocken im Harz) um Freuden-Feuer zu kreisen – wenn auch nicht immer fliegend.
Es heißt, in dieser Nacht wählt der Teufel die schönste aller Hexen, um sie zu ehelichen.
Faust:
Doch droben möcht ich lieber sein!
Schon seh ich Glut und Wirbelrauch.
Dort strömt die Menge zu dem Bösen;
Da muß sich manches Rätsel lösen.
Mephistopheles:
Doch manches Rätsel knüpft sich auch.
Laß du die große Welt nur sausen,
Wir wollen hier im stillen hausen.
Es ist doch lange hergebracht,
Daß in der großen Welt man kleine Welten macht.
Da seh ich junge Hexchen, nackt und bloß,
Und alte, die sich klug verhüllen.
Seid freundlich, nur um meinetwillen;
Die Müh ist klein, der Spaß ist groß.
Ich höre was von Instrumenten tönen!
Verflucht Geschnarr! Man muß sich dran gewohnen.
Komm mit! Komm mit! Es kann nicht anders sein,
Ich tret heran und führe dich herein,
Und ich verbinde dich aufs neue.
Was sagst du, Freund? das ist kein kleiner Raum.
Da sieh nur hin! du siehst das Ende kaum.
Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe
Man tanzt, man schwatzt, man kocht, man trinkt, man liebt
Nun sage mir, wo es was Bessers gibt?
– Goethe, Faust I, Walpurgisnacht
Verwendetes Titelfoto: Wikimedia Beltane Fire Festival Red Man