Die Akasha-Chronik im Lichte der Astrologie

Die folgenden Gedankengänge sind durch Gespräche mit dem Berliner Astrologen Peter Seidel entstanden, dem ich die Anregungen dazu verdanke. Als ich die Bedeutung übersinnlicher Erkenntnis für die Erforschung der Akasha-Chronik beschrieben hatte, ergab sich die berechtigte Vermutung, dass sich vielleicht auch einfachere, niederschwelligere Pfade ins Gedächtnis der Natur eröffnen.

Das persönliche Kosmogramm – Schlüssel zum Vorgeburtlichen?

Stellt man sich nun die Frage nach den Erkenntnismöglichkeiten der Astrologie in Bezug auf den Menschen, so wird man mit einer Reihe von aussergewöhnlichen Feststellungen konfrontiert. So erlaubt uns die Betrachtung der Gestirnkonstellationen zum Zeitpunkt der Geburt Aussagen über das Wesen des Menschen: Seine Charakterstruktur, seine Talente, aber auch Probleme und Mißhelligkeiten der individuellen Existenz. Ohne Möglichkeiten von Veränderungen dieser Grundgegebenheiten während des Lebenslaufs in Frage zu stellen – das Geburtshoroskop offenbart nach astrologischem Erfahrungswissen den derzeitigen Entwicklungszustand eines Menschen zu jenem Zeitpunkt, an dem der Mensch auf unserem Planeten in seine leibliche Existenz tritt.

Die Tatsache der grossen Verschiedenheit eben dieses Menschen im Verhältnis zu all seinen Mitmenschen führt uns wie von selbst zu der Frage, ob nicht das spezielle Wirken dieses Menschen in vergangenen Verkörperungen die Differenz zu seinen Mitmenschen erklärlich macht.

Dadurch erscheint uns ein Geburtshoroskop wie eine Art vorgeburtliches Protokoll des Lebens und Erlebens eines Menschen in seiner kosmisch und menschheitsgeschichtlich verstandenen Vergangenheit.

Damit wird zugleich automatisch die Frage aufgeworfen, auf welche Vorlage ein solches Protokoll als gleichsam astrale Niederschrift von wirklich Geschehenem zurückzugreifen vermag. Im Bewusstsein des neu Geborenen findet sich keine Rückerinnerung an das Erlebte und das eigene Handeln – und dennoch dokumentieren die Gestirne, sprich die Stellungen der Planeten zueinander und im Tierkeis genau jenen Ist-Zustand des Menschenwesens als Extrakt vergangener Inkarnationen. Damit wird die Astrologie gewissermaßen zur Dokumentation seiner augenblicklichen karmischen Gesamtbilanz.

Anhand der prognostischen Techniken der Astrologie gewinnt die Rede vom Karma als dem Erleidenmüssen der Konsequenzen eigenen vorgeburtlichen Tuns oder aber dem Geniessenkönnen seiner positiven Erträge erst eine konkrete inhaltliche Substanz. Von einer übersinnlichen Schau dieser vorgeburtlichen Voraussetzungen menschlicher Existenz kann freilich nicht die Rede sein: Der Astrologe arbeitet mit präzisen mathematischen Regeln, die indirekt mit astronomischen Gesetzmässigkeiten korrespondieren.

Wie aber kann die astrophysikalische Realität der Gegenwart verbunden sein mit längst vergangenem Erleben und Handeln des Einzelmenschen, zumal dann, wenn dieses bei ihm selbst längst dem Vergessen anheimgefallen ist?

Möglich wäre das nur, wenn das technische Wissen über die Bewegung der Gestirne symbolhafter Ausdruck und Schlüssel zu einem Gedächtnis ist, dass den Horizont des einzelmenschlichen Langzeitgedächtnisses der gegenwärtigen Verkörperung überschreitet. Durch das Faktum seiner Geburt wird der Einzelne indirekter Träger und Zeuge einer „astralen Schicksalsformel“. Es wird ihm etwas aufgeprägt, aber diejenigen, die den prägenden Stempel verfertigen, als auch jene, die das dafür erforderliche Wissen bereitstellen, sind offenbar andere!

Es erscheint eigentlich vollkommen einsichtig: Wenn das Geburtshoroskop eine gleichsam formelhafte, telegrammartige Kurzfassung der momentanen karmischen Gesamtsituation eines Menschen darstellt, muss es eine Informationsquelle geben, die dafür eine vollständige, umfassende und lückenlose Vorlage bildet. Wenn, platonisch gesprochen, das Horoskop ein Abbild einzelmenschlicher karmischer Verhältnisse verkörpert, stellt sich die Frage nach dessen Urbild.

Astrologische Intuition statt „hellseherischer“ Schau: Die Mission der Astrosophen

Das mathematisch Formale eines Horoskops kann nur eine unvollkommene Widerspiegelung dieser höheren, umfassenderen Wissensquelle darstellen – und so verweist die Realität astrologischen Wissens zwangsläufig auf ein kollektives, kosmisches Gedächtnis, eines Wissens, das in seiner Allseitigkeit an Allwissenheit grenzt.

Allwissend sind Astrologen als individuell Praktizierende nicht – da sie stets nur das Einzelschicksal und vielleicht hin und wider auch dessen Einbettung in ein kollektives Moment analysieren. Sie besitzen jedoch in den astrologischen Techniken einen Schlüssel zu einem bestimmten Teilbereich des Ganzen – aber auch zur Verknüpfung dieses Teilbereichs mit dem kosmischen Ganzen!

Das Problem der Schwierigkeit, hellseherisch im Gedächtnis der Welt zu lesen, wird damit ein Stück weit entschärft: Die Astrologie bedarf zu ihrer Anwendung keiner übersinnlichen Schulung. Sie ist erlernbar. Allerdings ist sie auch mehr als eine Technik, und als Kunst im eigentlichen Sinne bedarf sie folglich auch eines Talents, über das der astrologische Praktiker verfügen muss!

Mit diesen Feststellungen bleiben aber eine Reihe von Problemen immer noch ungelöst: Wenn ich astrologisch arbeiten will, benötige ich eine Reihe von materiellen Hilfsmitteln wie astronomischen Tabellen und Formen der Veranschaulichung wie z.B. graphischen Darstellungen, die mit bestimmten Regeln der Geometrie korrespondieren. Das spricht zunächst einmal nicht für eine Berührung mit dem Übersinnlichen, denn hier wird nur das niedere konkrete Denkvermögen und die sinnliche Wahrnehmungsfähigkeit angespochen. Abe schon in der Deutung astraler und planetarischer Qualitäten tritt etwas hinzu, was höhere Ausdrucksformen des Symbolischen betrifft. Wenn ich z.B. die Frage nach der Bedeutung stelle, die ein Zusammenstehen von Venus und Saturn im Geburtshoroskop haben könnte, muss ich mich auf die Schwingungsebene zweier übersinnlicher Wesenheiten und deren wechselseitige Resonanz einlassen. In den hellenistischen und altmesopotamischen Kulten erscheinen die Planeten als göttliche Wesenheiten, die auf den Menschen einwirken.

Saturn und die Macht des Schicksals

Wir müssen uns jetzt einmal darüber orientieren, in welcher Weise ein Geburtshorskop und die sich während des menschlichen Lebens bewegenden Gestirne Bezug nehmen können auf die karmische Gesamtbilanz eines Menschen. Bei Mond, Sonne, Merkur, Mars und Venus ist es relativ einfach: Da sich diese in einem Rhythmus von 1 – 2 Jahren durch den ganzen Tierkreis bewegen, kommen sie als prägende Kräfte für länger andauernde Entwicklungen im Einzelschicksal nicht in Frage.

Anders ist es da schon mit Saturn, der rd. 30 Jahre für einen Rundgang durch den ganzen Tierkreis benötigt und natürlich auch Jupiter mit seiner zwölfjährigen Umlaufbahn im Kreis der Fixsterne.

An diesem Punkt wird es nun interessant, weil wir mit Jupiter und Saturn im klassischen ptolemäischen System der Sphären als Symbolsystem der Existenzebenen der Geistigen Welt etwas Besonderes berühren, was nach Aussagen Rudolf Steiners und der Theosophen in direkter Weise die Akasha-Chronik betrifft. „Rudolf Steiner schreibt ganz allgemein der Bildung der Akasha-Chronik zu:

Alles, was das Planetensystem an physischen und geistigen Tatsachen durchgemacht hat. … all das, was das Ganze und jedes einzelne Wesen des Planetensystems durchgemacht hat […] so haben die Saturnkräfte mit unserem Menschenleben das zu tun, was im Karma lebt, was von Inkarnation zu Inkarnation geht. […] und was das höchste Moralische ist.

Für Rudolf Steiner ergibt sich der Zugang zur Akasha-Chronik als eine sehr persönliche mystische Wechselbeziehung mit den Urengeln, auch Archai genannt (von griech. ἀρχή arché „Anfang“). Er spricht hier auch von Urkräften, Urbeginnen, Fürstentümern oder Geistern der Persönlichkeit. „Diese haben ihre Menschheitsstufe bereits auf dem alten Saturn absolviert und stehen dadurch in der Rangordnung der geistigen Hierarchien drei Stufen über dem Menschen. […] Als Geister der Umlaufzeiten regeln sie alle rhythmisch geordneten Naturvorgänge und bilden in ihrer Gesamtheit den Astralleib der Erde. Als Zeitgeister wirken sie in der Menschheitsentwicklung.

Aber um was es sich handelt, ist, dass innerhalb des Saturn Wesen wohnen von einer sehr hohen Vollkommenheit, äußerst erhabene Wesenheiten, Wesenheiten, die unmittelbar in einer inneren Beziehung zu Seraphim, Cherubim und Thronen stehen, für die eigentlich Seraphim, Cherubim und Throne die nächsten Wesen sind, die Wesen ihrer nächsten Hierarchie sind.

Diese Wesenheiten, diese Bevölkerung des Saturn, strahlen eigentlich vom Saturn zur Erde nichts nieder und geben nichts den Menschen, was in der äußeren physischen Welt ist. Dagegen bewahren die Saturnwesen das kosmische Gedächtnis, die kosmische Erinnerung.

Alles, was das Planetensystem an physischen und geistigen Tatsachen durchgemacht hat, was Wesenheiten innerhalb unseres Planetensystems erlebt haben, das bewahren die Saturnwesen treulich im Gedächtnis. Die Saturnwesen schauen immer erinnernd zurück auf das ganze Leben des Planetensystems. Wie wir auf unser ganzes enges Erdenleben mit der Erinnerung zurückschauen, so haben – zusammen in ihren Wirkungen – Saturnwesen das kosmische Erinnern an all das, was das Ganze und jedes einzelne Wesen des Planetensystems durchgemacht hat. Und das alles, was da an Kräften in dieser Erinnerung lebt, das lebt für den Menschen dadurch, daß er zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, eigentlich auch in jeder Nacht im Bilde, mit diesen Saturnwesen in eine Beziehung kommt. Dadurch wirken im Menschen die Kräfte, die ausgehen von diesen Saturnwesen, die eigentlich das tiefste Innere des Planetensystems darstellen.

– Aus Matthias Wenger: Vom Himmlischen Buch zum Weltgedächtnis – Die Akasha-Chronik als Idee und übersinnliche Wirklichkeit, Ahrensburg 2023

Zur „Anatomie“ der Übersinnlichen Welt – „Überirdische Sphären“

Wenn wir diese Aussagen noch einmal hier anhand des ptolemäischen Systems visualisieren, stellen wir fest, dass die Saturn-Sphäre sinnbildlich-strukturell mit dem Devachan korrespondiert, in dem die Akasha-Chronik lt. Steiner und Leadbeater verankert ist:

 

Ptolemäisches Weltbild - aus Peter Apians "Cosmographia" - ewigeweisheit.de
Das Ptolemäische Weltbild: Schema der kosmischen Sphären und Himmelskörper in einer Illustration des deutschen Astrologen Peter Apian (1495-1552) aus seinem Werk „Cosmographia“ (1539).

Die Dreiwelt - ewigeweisheit.de

Nehmen wir jetzt die zur Zeit des Entwurfs des ptolemäischen Systems noch nicht bekannten Planeten Neptun, Uranus und Pluto hinzu, so kann man feststellen:

Im ptolemäischen System würden wir diesen Planeten einen Bereich jener geistigen Welt zuordnen, der noch wesentlich höher in einem für menschliche Begriffe nahezu „göttlichen“ Bereich verankert ist, Bewusstseinsebenen, die dem Menschen zur Zeit noch nicht wirklich zugänglich sind, die sich ihm im Rahmen der Transformationsprozesse unserer Epoche gerade erst zu eröffnen beginnen, die aber dem Devachan gegenüber eine höchste Verarbeitungs- und Lenkungsebene darstellen.

Wie unsere Graphik von Petrus Apianus von 1539 zeigt, stellte man sich in platonischer Tradition jenseits der Saturn-Sphäre noch drei weitere Sphären vor. Sie entsprechen dem Firmamentum (Fixsternhimmel des Tierkreises), dem Cristallinum (Kristallhimmel), sowie dem Primum Mobile (der ersten Bewegung).

Uranus, Neptun und Pluto – Die neuzeitliche kosmische Trias als Wurzel des Karmas

In der antiken hellenistischen Vorstellungswelt eines von der Ratio geprägten Geistes entzieht sich das Wesen jener Ebenen jeder intellektuellen Erschliessung und menschlichem Begreifen. Es besteht aber anhand der kosmischen Struktur bereits die Vorahnung, dass hier Prinzipien walten, die wir erst in unserer Epoche mit Uranus, Neptun und Pluto zu entschlüsseln vermögen.

In der theosophischen Systematik könnten wir diese (vorerst) höchsten kosmischen Impulse mit Atman, Buddhi und Manas in Verbindung bringen.

Ihnen käme also in dieser Struktur eine kausale, impulsgebende Position für die Verarbeitungsvorgänge in der Akasha-Chronik zu.

Wenn man nun die Umlaufzeiten dieser drei Planeten durch den Tierkreis berücksichtigt (Uranus: rd. 84 Jahre; Neptun: rd. 164 Jahre; Pluto: ca. 248 Jahre), so kann man für die biographische astrologische Prognostik feststellen: Der Uranus umfasst nahezu ein ganzes Menschenleben, das ungefähr einer hohen biologischen Lebenserwartung in heutiger Zeit entspricht. Der Neptun mit seinen 164 Jahren überschreitet diese Zeitspanne schon beträchtlich. Nach einem Umlauf im Verhältnis zu seiner Position in einem menschlichen Geburtshoroskop befindet sich der betreffende Horoskopeigner mit Sicherheit schon wieder in der geistigen Welt, bei niedriger Entwicklungsstufe noch im sog. Kamaloka (Ebene der astralen Läuterung) oder im unteren Devachan.

Wenn der Pluto hingegen nach dem Abschluss einer menschlichen Inkarnation zum Ausgangspunkt eines geburtlichen Horoskops zurückkehrt, wird sich der Betreffende bei hoher Entwicklungsstufe in der Regel auch schon im Devachan befinden.

Man könnte also resümieren: Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto erlauben in ihrer Aspektierung im Radix (Geburtshorskop) Rückschlüsse über allgemeine, generelle und globale Wesenszüge des einzelmenschlichen Karmas, wie sie durch die Widerspiegelung des menschlichen Handelns und Erlebens in der Akasha-Chronik reflektiert wurden.

Die sphärischen Genien eben dieser Himmelskörper sind gewissermaßen ein Resonanzboden für die höheren Strebungen eines Menschen. Im Geist dieser kosmischen Wesenheiten, der am Aufbau der Akasha-Chronik wirkt, spiegelt sich die karmische Essenz einzelmenschlicher Inkarnation und ihres Erlebens, sofern es über das Alltägliche, Kurz- und Mittelfristige hinausgeht!

Und in ihren Transiten zum Radix ergeben sich Aussagen über die das gesamte menschliche Schicksal kennzeichnende Auslösung des karmischen „Protokolls“, das sich in der Akasha-Chronik vorfindet!

Jetzt wird auch die Aussage Rudolf Steiners verständlich, dass sich im Laufe des 20. Jhdts. eine tiefere Einsicht für die Menschen abzeichnen wird: Sie werden nämlich in dem Augenblick einer Handlung bereits über die Erkenntnis verfügen können, welche karmischen Folgen sich daraus ergeben. Möglich ist diese Ausdrucksform der „Wiederkehr des Christus im Ätherischen“ nur durch eine hohe Form der Intuition, wie sie dem Wesen der transsaturnischen Planeten entspricht.

Damit nun liegt die Signifikanz der astrosophischen Prognostik als Schlüssel zu einer indirekten Lesung in der Akasha-Chronik anhand der strukturellen Systematik im Aufbau des kosmischen Systems auf der Hand!

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Auch interessant

Die esoterische Farbenlehre des Himmels

Die Gelehrten des Altertums ordneten sieben esoterische Farben den klassischen Planeten zu – den hellsten, beweglichen Himmelslichtern Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Welche Farbe aber wirklich welchem Planeten entspricht, darüber gibt es…
Weiterlesen